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Bonn.
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der romanische Baustyl in reichen, aber zugleich noch in durchaus stren-
gen Formell. Für die reiche Decoration an dem Aeusseren der rheinlän-
dischen Bauwerke des ztvölftenu]ahrhunderts geben diese Theile ein völlig
charakteristisches Beispiel. Jene Säulen zur Bekleidung der Mauern, von
(lUIlULl die unteren durch gerade Gesimse, die oberenldurch. starke Halb-
kreisbögen verbunden werden; jene rundbogigen Friese, Jene zierliche
Arkadengallerie unter dem Dache der Absis, jene reichlichen Arkadenfen-
stcr -der Thürme bilden hier die vorzüglichst in die Augen fallenden Eigen-
thütnlichkcitcn der Anlage. im Detail kommen aber auch schwere und
barocke Formen vor, wie sie eben in den Rheinlanden (ungleich seltner
etwa in 'l'hüringen oder Sachsen) erscheinen. Dahin gehört namentlich die
unschöne Form des Kranzgesirnses der Absis: ein starker Wulst, der mit
einem versetzten Stabwerk ornamentirt ist und der, ohne den ÜIILCPSRIZ
einer festen Platte, von Consolen getragen wird. "Das Innere der genannw
ten Bauthcile ist höchst einfach. Die Fenster der Absis sind in späterer
Zeit erweitert und mit gothisehem Stabwerk ausgesetzt werden. Dann
gehören noch der Kreuzgang und die alten Theile des Kapitelhauses, auf
der Südseite des Münsters, in dieselbe Bauzeit. Von ihnen wird weiter
unten die ltede sein.
Nach Aufführung dieser, durch Propst Gerhard unternommenen Bau-
theile scheint die begonnene Erneuung des Münsterbaues für einige Zeit
eingestellt worden zu sein, und erst die allgemeine Bauthätigkeit, die nach
jenen verheerenden Kriegen erwachte, scheint auch hier zur Fortsetzung
des Unternehmens angetrieben zu haben. Wir gewahren in den nunmehr
folgenden Theilen des Münsters die leichteren, eleganten, mehr flüssigen
Formen aus der letzten Etitwickelutigszeit des romanischen Banstyles, wie
sie im Anfange des dreizehnten Jahrhunderts üblich wurden, dabei aber
auch im Einzelnen schon Ausartung des Ueberlieferten und Einmischung
fremdartiger Formen. die eine folgende Entwickelung der Architektur vor-
bereiten halfen. ln diesem Betracht ist namentlich anzuführen, dass die
Form des Spitzbogens, die sich nachmals im gothischen Baustyle zu ihrer
höheren Selbständigkeit ausbilden sollte, hier bereits sehr bedeutend und
einllussreich hervortritt. lm Wesentlichen sondern sich die folgenden Bau-
theile in vier Abschnitte, die, wie sie den Fortgang der Erneuung des
Baues von den östlichen zu den westlichen Räumen hin bezeichnen, zu-
gleich als ebenso viele Stadien der Bauführung zu unterscheiden sind.
Zunächst ist die westliche Hälfte des grossen Chores zu nennen, bei der
man die neue Arbeit begann, aber doch, wie es scheint, noch keine voll-
ständige Erneunng des Alten wagte. Vielmehr liess man hier noch jene
alten, aus dem elften Jahrhundert herrührenden Seitenmattern stehen; man
führte sie nur höher empor und bedeckte den Raum zwischen ihnen mit.
einem neuen Gewölbe. Die Bögen des letzteren sind, nach romanisch aus-
gebildeter Weise, im Spitzbogen geführt. Die neuen Oberwände erhielten
kleine Rundfenster, und diese wurden im Aeusseren durch tlache Spitz-
bogennischen umschlossen.
Als ein vollständiger und eigenthümlich brillanter Neubau tritt uns
sodann vorerst das Querschitf entgegen. Die Flügel desselben sind in der
Form von Absiden, gestaltet, eine Weise der Anordnung, die bereits in der
Mitte des elften Jahrhunderts an der Kapiiolskirche von Köln erscheint
und sich an andern Kölner Kirchen des zwölften Jaltrhttnderts. wiedßrhüli-
Hier erkennt man indcss die romanische Spätzeit daran. dass die Ab-