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Rheinreise,
1841.
Erster Abschnitt.
Römeßtädtß herzustellen seien, wie uns Gregor von Tonrs erzählt, 1) aber dies
Waren äewiSS Ilur sehr kunstlose Reparaturen und gewiss wird selbst der stol-
zeste fränkische Herzog oder Graf, der zu Trier befehligte, wenn Karl der Grosse
zu seiner Rheinbrücke in Mainz das römische Material nicht verschmähte, kein
Bedenken getragen haben, zu dieser Wiederherstellung der Festungswerke, die
immensen Ziegel- und Steinhaiifen zu benutzen, die von der glänzenden Augusta,
seit den ersten Besuchen seiner Ahnen übrig geblieben Waren. Und wozu hätte
den Franken überhaupt ein solches Thor und namentlich die Räume über den
Doppelbögen genutzt, sie, welche ihre öffentlichen Versammlungen unter freiem
Himmel abzuhalten püegten, und war der ursprüngliche Zweck so bald ver-
schwunden, dass man kurze Zeit später das Thor in eine Kirche verwandelte?
Unsere Porta nigra ist wirklich ein iicht römisches Bauwerk, dafür spricht
Namen, Ansehn und Geschichte, dass es aber ein sehr spätes Erzeiigniss römi-
schen Geistes und klassischer Kunst sei, dafür wollen wir dankbar die "Hiilfe
in Anspruch nehmen, die Professor Kugler selbst geboten hat. Derselbe schliesst
nämlich von dem sogenanhten Palazzo delle Terri in Turin rückwärts , einem
Gebaude, das in das Ste Jahrhundert gehören soll. Nun sagt aber ein sehr ge-
achteter Knnstfreund, Dr. Alfred Reumont, in Nr. 81 des Kunstblatts von
1845 von diesem unserem fraglichen sehr ähnlichen Thore, ebenfalls mit zwei
seclizehnseitigen Thurnien und der nämlichen Anordnung der Facade ausgestat-
tet dass nur der italienische Kunsthistoriker Gordero allein der gewöhnlichen
Ansicht, die dieses Stadtther von Jeher fur romisch gehalten habe, gegenüber,
einen loinbardischen Ursprung desselben behaupte, und bekennt sich selbst eben
gelgen der Aehnlichkeit mit der Porta nigra, auch für das Römgythum (195
ä a-ZZO,
Wir geben allerdings gern zu, dass nicht mehr der alte klassische Geist die
massiven Formen der Porta durchweht und dass ein nordischer Eintluss an dem
Ganzen sehr stark bemerkbar sein mag. Diess ist aber sehr leicht zu erklären,
weil nothwendiger Weise unter dem rauben Himmel Geriiianiens mitten unter
einer wesentlich aus nordischen Elementen zusammengesetzten Bevölkerung, selbst
der feinste italienische Geschmack unter aufgedrungenem Fremdartigen leiden
musste. Man betrachte z. B. nur einen in Dorow's römischen Alterthümern
in und um Neuwied abgebildeten Altar, der am zerstörten Kastelle Victoria ge-
funden, "edenfalls älter als das 4te Jahrhundert ist denn schon zu Valentiuians
Zeit Wllllldß das Kastell zerstört. Niemand würde gzweifeln, ein byzantinisches
Werk des 9ten oder löten Jahrhunderts vor sich zu sehen. stünden nicht Fund-
ort und Zweck damit im Widerspruch. Soldaten waren dort die Künstler und
wahrscheinlich danken" wir auch unsere Porta einer müssigen Legion die, wie
schon Jahrhundertefruher, grosstentheils aus Barbaren aller Zonen zusammenge-
setzt war. Germanischen und gallischen Faiisteirgelang es wohl nur, die grossen
blogge auf Pwaiädt-PGZÄH fhurmßil, Ihnen aßlißrt die Qetailbildnng, vielleicht selbst
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sein, es blieb unvollendet, sobald mit der Antlösung der RÖmerhgn-sghaft da;
Sinn für solche Werke verloren ging.
Ansser dem sehr in Zweifel stehenden Pallast des Bischofs Nicetius von
bekannt geworden, und sehen wir Ilißhf ein, warum Kuglcr bloss der nordischen
FoYmen Willen die Porta nigra, wie auch den sogenannten Klarenthurm in Köln
der Römelrzeit entziehen und in die germanische Vgfsgtzau wi11_
Sßbllesslich legt der Einsender den Schriftkundigen Proben von Schriftzügen
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TUTOU. Llber VI. c. ult. Chllperlcus rex m1s1t ad duces et cunu-
teS Glvliatllm, ut muros componerent urbium resque suas cum uxoribus et tiliis
intra murorum mummenta concludererlt atque repugnarent viriliter, si necessitas
exigeret.