Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

Nigra. 
Die Porta 
zu Trier. 
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was Kapital erscheint hier somit der rohen byzantinischen (wenn meist 
auch reich dekorirten) Grundform des Säulenkapitäls ganz entsprechend. 
Die solche sich z. B. an S. Marco zu Venedig und im Einzelnen sogar an 
frühest mittelalterlichen Gebäuden in Deutschland findet l), und die wir 
als Uebergang zu der bekannten mittelalterlichen Form des sogenannten 
Würfelkapitäles betrachten dürfen. Abgesehen davon, dass aus dieser 
Form nimmer ein antik dorisches Kapitäl herausgemeisselt werden konnte, 
so ist sie auch, mit Einschluss des darunter befindlichen Ringes und des 
Ansatzes des Säulenschaftes, an der Porta Nigra durchgehend mit einer 
gewissen wiederkehrenden Bestimmtheit angegeben, Während die Säulen" 
schäftc selbst wiederum zumeist nur die rohe Anlage zeigen. Noch auf- 
fallender endlich, und im allerhöchsten Maasse unantik, ist der Umstand 
dass auch die sämmtlichen Pilaster, die im Aeusseren und im Inneren des 
Gebäudes vorkommen, mit demselben, stark und unschön ausladenden 
Kapitale versehen sind, einer Form, die in dieser Anwendung später bei 
den Pilastern an der Westseite des Domes von Trier offenbar als Vorbild 
gedient hat, bei den letzteren aber durch flachere Behandlung sich in ein 
künstlerisches System schon wieder mehr einfügt. 
An einigen Stellen der Porta Nigra linden sich allerdings glatt und 
elegant behandelte Detailformen; diese gehören aber nicht dem ursprüng- 
lichen Bau, sondern einer schon wieder sehr ausgebildeten Kunstepoche 
an, und lassen somit auf das Uebrige keinen Rückschluss machen. Sie 
rühren aus der Zeit her, da das Gebäude als Kirche diente, die interes- 
santeren ohne Zweifel aus der Zeit, in welcher der Chor angefügt wurde. 
Dahin ist zunächst die Glättung der Formen an der Thür, die 8118 dem 
westlichen Flügel des Gebäudes auf die Stadtmauer führte, mit den an 
den Gesimsen angebrachten Kreuzen zu rechnen. Dann die zierlich deko- 
rirte Thür, welche von der Stadtseite her in das Obergeschoss desselben 
westlichen Flügels führte, und ebenso auch einige saubere Dekorationen 
gegenüber am östlichen Flügel. (Von den in der Rococozeit umgemeissel- 
ten Formen brauche ich natürlich nicht zu sprechen.) 
Nach meiner Ansicht haben wir hier somit ein Gebäude, welches bei 
einer noch entschieden römischen Grundanlage doch schon eine Behand- 
lungsweise der wichtigsten Detailformen erkennen lässt, die nicht mehr 
römisch zu nennen ist, sondern bereits barbarisirt und der nachrömischen, 
der byzantinischen Kunstepoche entsprechend erscheint. Ist dies richtig, 
so scheint es auch ganz angemessen, das Gebäude der Zeit der fränkischen 
Herrschaft, in der, wie oben bemerkt, die Anlage bedeutender Bauten 
nicht sofort unterblieb und in der die römische Cultur überhaupt einer 
ähnlichen Barbarisirung unterlag, zuzuschreiben. Will man den constan- 
liHiSChelh oder allgemeiner, den römischen Ursprung des Gebäudes sichern, 
so ist es vor allen Dingen nöthig, nachzuweisen, dass schon in römischer 
Zeit eine solche Umwandlung der architektonischen Formen stattgefunden 
hat, wofür es meines Wissens bis jetzt noch an dokumentirten Beispielen 
fßllll- Ich Will meine Behauptung keinesweges als eine völlig unwiderleg- 
liche aufgestellt haben; so lange aber eine solche Widerlegung, und zwar 
1) Z. 
F. Ranke 
kircbe zu 
B. in der Gruftkirche der Wipertikirche bei Quedlinburg; s. 
und mir herausgegebene Geschichte und Beschraibung der 
Quedlinburg etc. (Thl. I. dieser Sammlung. S, 596, oben.) 
d ie  von 
Schloss-
	        
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