Der römische Basilikenb au.
Trier.
Basilika von
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stalt, deren Beschaffung wahrlich nicht aus ästhetischen Gründen, sondern
nur durch eine äuSSeIe Nüthwendigkeit veranlasst sein konnte. Wo die
Nische durch ein halbes Kuppelgewölbe bedeckt ist, fallt dieser Uebelstand
natürlich weg, aber auch hiebei ist der Schwibbogenuzunächstaus äusseren
Gründen veranlasst, damit sich nämlich das Gewolbe an ihn anlehnen
könne. Wollte man etwa sagen, dies letztere sei in der Gestaltung des
Tribunals als Regel anzunehmen, und im vorliegenden Falle habe man,
obgleich das Kuppelgewölbe sei weggelassen worden, dennoch Jenen cha-
rakteristischen Bogen aus herkömmlicher Gewohnheit beibehalten, so hiesse
dies doch ein allzu bedeutsames und mächtiges Werk, wie der Bogen
in der That ist, auf Rechnung eines blossen Schlendrians setzen. Der
Schwibbtlgen, ich wiederhole es, hat nur einen constructiven Zweck! den
nämlich, dem Balkenwerk, welches die Bedeckung des Tribunals trug, zur
Unterlage zu dienen.-. Hieraus folgt aber unmittelbar, als der wichtigste
Umstand dieser Untersuchungen, dass der mittlere Haupttheil des oblongen
Raumes (dessen lichte Breite etwa 60 Fuss betrug) unbedeckt war. Denn
wenn etwa vorausgesetzt würde, dass man hier, als Träger der Ueber-
difckllllg, irgend eine künstliche Dachrüstung angewandt habe, so wäre es
widersinnig und dem praktischen Sinne der Römer gänzlich widersprechend
gewesen, wenn dieselbe Einrichtung nicht auch bei der Ueberdeekung des
Tribunals stattgefunden hätte. Dem steht aber das Vorhandensein des
Schwibbogens entgegen, welcher nunmehr gegen den offenen Mittelraum
hin einen festen Abschluss und Zusammenhalt des Gebäudes bildete.
So erscheint uns die Einrichtung des Gebäudes ganz dem oifnen, freien
Charakter des Verkehrs im Alterthum gemäss: in der Mitte, als Hauptraum,
ein weiter offner Säulenhof, dem sich zu den Seiten bedeckte Seitengänge
und Gallerien, im Grunde das gleichfalls bedeckte Tribunal anschlossen.
beide dem Publikum (vornehmlich den I-Iandelsleuten) und den Richtern
einen flüchtigen Schutz gegen die Witterung, wenigstens gegen den Regen,
gewährend. So luftiger Einrichtung entspricht denn auch die kolossale
Dimension der ringsum offenen Fenster. (Bei der oben genannten Basilica
Sessoriana in Rom gingen die untern Oeiinungen, grossen Thoren gleich,
sogar bis auf den Fussboden nieder, so dass eine Einrichtung dieser Art
die allergrösste Freiheit des Verkehrs gestatten musste.) Auch von der
Basilika von Pompeji wird vorausgesetzt, dass der mittlere Raum unbedeclit
war. Nach meinem Dafürhalten fand diese Einrichtung insgemein bei den
grösseren Basiliken statt. Man kann sie gewissermassen als in's Enge ge-
zogene (und allerdings für besondere Einzelwecke bestimmte) Fora bezeich-
nen, wie dann, umgekehrt, die ersten bedeutenderen Basiliken Roms be-
kanntlich geradehin eine Erweiterung des dortigen Forums und seiner Be-
dürfnisse blldeißfl- Ebenso kann man sie, mit Ausschluss der besonderen
Form des Tribunale. den Hypäthral-Tempeln parallel stellen, deren Einrich-
tung auf S18 Wiederum nicht ohne Einfluss gewesen sein dürfte.
Nitßh alledem Scheint es mir, dass wir die Basilika von Trier als ein
charakteristisches Beispiel der ganzen Gebäudegattung, welcher sie ange-
hört, betrachten dürfen; ÜbSChOD wir die Zeit ihrer Erbauung nicht näher
bestimmen können und diese, möglicherweise, erst in das vierte Jahrhun-
dert nach ChriSli Geburt fallen dürfte. Die allgemeinen Grundzüge der
Äßlagei Welche uns hierin Vorliegen, hindern uns nicht, für die verschie-
denen Epochen der römischen Architektur eine verschiedenartige Behand-
lung des architektonischen Details anzunehmen. Nur über die Einrichtung