Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

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Rheinreise, 
1841. 
Abschnitt. 
Erster 
für den spätem römischen Säulenbau vorzüglichst charakteristisch sind; 
sodann nehmen wir die lichte Höhe des Gebäudes auf etwa 96 Fuss an 1). 
Für Eine Sänlenreihe auf jeder Seite erhalten wir hienach Säulen von etwa 
80 Fuss Höhe und 8 Fuss Stärke im untern Durchmesser, die uns schon 
an sich allzu kolossal bedünken möchten, deren Annahme aber in Rück- 
sicht auf die zugleich sehr engen Zwischenweiten völlig unstatthaft wird. 
Denn da der Raum von Fenster 111 Fenster etwa 19 Fuss beträgt, so blei- 
ben uns für die Zwischenweiten etwa nur 11 Fuss (d. h. nicht viel über 
einen untern Durchmesser) übrig, was den Gesetzen des römischen Säulen- 
baues ebenst), wie den Bedürfnissen eines frei bewegten Verkehrs wider- 
spricht. Wir können somit nur zwei Säulenstellungen übereinander, d. h. 
dem regelmässigen Basilikenbau gemäss, Gallerien über den Seitengängen 
annehmen, die zugleich den zwiefachen Fensterreihen der Wände entspre- 
chen. Auch hiebei bleiben uns für die Säulenarchitektur noch sehr be- 
deutende Verhältnisse übrig. Die untern Säulen sind demnach als etwa 
45 Fuss hoch und im untern Durchmesser 4'l2 Fuss stark anzunehmen, wo- 
durch die Zwischcnweiten eine Breite von etwa  Fuss, d. h. von ein 
wenig über drei Durchmessern erhalten.  Ferner kann auf jeder Lang- 
seite des Baues nur Ein Seitengang und auch dieser nicht von beträcht- 
licher Breite angeordnet gewesen sein. Die Breite der Maueransätzg auf 
der Nordseite, rechts und links von der Oetfnung der Nische des HH-ibu- 
uals, giebt hier das bestimmende Maass. Diese beträgt auf jeder Seite mu- 
etwa 16 Fuss, so dass, die Säulenstärke abgerechnet, nur etwa 11112 Fuss 
für die Breite des Säulengangs lalciben. Wollten wir die Gänge breiter 
annehmen und die Säulcnarchitektur vor die Pfeiler der Nische vertreten 
lassen, so würde die Architektur der Gallerie den Bogen der Nische auf 
die widerwärtigste Weise zerschnitten haben; wollten wir etwa (wie auf 
dem oben genannten Grundriss der Basilika des Paullus Aemilius) die ge- 
sammte Säulenarchitektur quer vor dem Tribunal durchgehen lassen, S0 
verlöre der Bogen desselben alle Bedeutung.  Dieser grosse Schwibbogen 
ferner hat nur einen constructiven Zweck. Ein ausschliesslich ästhetischer 
Zweck desselben, als zum Einschluss der Nische für die Anschauung der 
letztem _von dem grossen oblongen Raume aus dienend, ist auf keine Weise 
vorauszusetzeu. Da die Nische, in' der Form eines halben Cylinders nicht 
mit einem Gewölbe versehen ist, so bilden sich oberwäng in gemäßen zu 
den Seiten jenes Schwibbogens, Winkel von hässlicher, schwankendg; Ge- 
1) Nach der gegenwärtigen Höhe des Erdbodens dürften etwa neunzig Fuss 
anzunehmen sein; die übrigen sechs Fuss rechne ich, als etwaiges Minimum, auf 
die" im Verlauf der Jahrhunderte erfolgte Ueberhöhung des Erdbodens. Ich be- 
merke, dass ich die Zahlenbestimmungen auf Qugdnowg Aufnahmen gl-ündg, wel- 
che letzteren allerdings nicht genügend erscheinen; doch können einige Fuss mehr 
oder weniger bei einem Gebäude von so ausgedehnten Dimensionen kamen er- 
heblichen Unterschied hervorbringen. Für die Zwecke obiger Berechnung sind 
schon ungefähre durchschnittliche Maassbestimmungen vollkommen hinreichend. 
Nßßh füge ich hlnlll, dass ich bei den Bestimmungen über die vorhanden 
gewesene Säulen-Architektur die eigentlich klassische Behandlung derselben, mit 
geradem Gebälk, im Sillllß gehabt habe. Wollte man statt dessen bereits eine 
Verbindung von Säulen und Bögen annehmen, wie solche in spätest römischer 
Zeit allerdings zuweilen vorkommt, so ist dennoch nicht ausser Acht zu lassen, 
dass hiebei durchgehend noch, und namentlichbei länger fortgesetzten Colonna- 
den, die herkömmlichen Gesetze der Säulenordnung beobachtet wurden,
	        
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