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Pommersche
Kunstgeschichte.
Man sieht darauf die grosse Gestalt eines Geistlichen, ganz in der üblichen
WVeise, unter einem rundbogig gothischen Baldachin stehend. Neben sei-
nem Haupte erscheint ein, das Weihrauchbecken schwingender Engel; wo
aber, bei reicheren Darstellungen der Art, in den Seitenstücken der archi-
tektonischen Umgebung kleine Heiligenfignren angebracht zu sein pflegen,
sieht man hier bewaffnete Männer, von denen die beiden oberen, Schwert
und Lanze in den Händen haltend, mit diesen Waffen auf den Geistlichen
eindringen. Die Personen von dreien derselben scheinen durch die, über
ihrem Kopfe enthaltenen Inschriften namentlich bezeichnet zu sein. Also
die bestimmte Hindeutung auf den gewaltsamen Tod, den der Bestattete
erlitten, was auch durch die Umschrift des Steins bestätigt wird. Diese
lautet: Anno domini m" ccc" lx" quarto sabbato ante jacobi apostoli inter-
fectus fuit dominus gherardus de lynden plebanus in wotenelce in altari hora
miese. orale deum pro anima ejus. Nach einer im Dorfe noch lebenden
Sage soll der Geistliche von jenen Männern, Bauern des Dorfes, wegen
unerlaubten Umganges mit der Frau des einen ermordet werden sein. Bei
dem ganz eigenthümlichen Interesse, welches die Darstellung gewährt.
gereicht es mir zur Freude, auf dem beiliegenden Blatte eine Abbildung
derselben, nach einer Zeichnung des Hrn. Medow,- Zeichnenlehrers zu
Demmin, vorlegen zu können.
In der Kirche von Treptow an der Tollense befinden sich Chor-
stühle, über ihren Rückseiten mit einem durchbrochenen Holztäfelwerk
geschmückt, welches mit den reizvollen Täfelungen in der Sakristei
der Jakobikirche zu Stralsund in Bezug auf Mannigfaltigkeit wie auf
Schönheit, völlig auf gleicher Stufe zu stehen und die letzteren wenig-
stens insofern noch zu übertreffen scheint; als, bei grösserem Maass-
stabe, die grösseren Zwischenräume desOrnaments noch wieder durch
Unterabtheilungen von lebendig geschwungenem Stabwerk ausgefüllt werden.
Es sind im Ganzen 22 Tafeln, unterwärts mit je drei oder vier kleineren
architektonisch dekorirten Spitzbögen, oberwärts, in quadratischem Ein-
schluss, Rosetten enthaltend, welche letzteren die mannigfaltigsten und
jedesmal durch neue Combination anziehenden Muster gothisch architek-
tonischer Ornamentik zur Schau stellen. Hr. Medow hat diese Rosetten
abzuformen begonnen, um dadurch zweckmässige Muster für den Kunst-
unterricht der Handwerkerschule zu Demmin zu gewinnen; ein mir freund-
lichst mitgetheiltes Exemplar vergegenwärtigt aufs Genaueste, wie die
Schönheit der Formen, so auch deren energische und wohl verstandene
Behandlung. Die Abgüsse dürften sehr geeignet sein, auch in weiteren
lüeisen für den entsprechenden Kunstunterricht in erfolgreichster WVeise
verwandt zu werden.
ln Betreff der beiden vortrefflichen Grabsteine, welche sich in der
Thurrnhallc der Kirche von Grirnme befinden, ist zu bemerken, dass
der mit dem Bilde des ritterlichen Herrn seiner Inschrift zufolge den
„Claws von Swerin Zuem Grellenbergk Erbgesessen" (gest. 1603) vor-
stellt. Zwei Grabsteine von ähnlicher trefflicher Beschaffenheit befinden
sich in der Kirche von Kirch-Baggendorf (auf der Mitte des Weges
ZWlSCiICII Grimmen und Tribsees). Noch ausgezeichneter sollen, Wie mir
berichtet wird, zwei andre Grabsteine sein, welche sich in derselben Kirche
befinden, in die beiden Pfeiler zwischen Chor und Schiff einander gegen-
überstehend eingemauert. Jeder von ihnen hat eine Umrahmung von rei-
cher, wappcngestzhmür-kter Architektur. Auf dem einen ist die Reliefge-