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Pommersche Kunstgeschichte.
teristisch ist an ihnen im Allgemeinen ein gewisser stylloser Styl, den man
neuerlichst mit dem Worte Rococo getauft hat, den die neuere Kunstsprache
auch wohl, je nach der Fülle, Trockenheit oder Fadheit seiner Erscheinung,
als einen Perrüoken-, Zopf oder Haarbeutelstyl unterscheidet. Nur die
Sorgfalt des Handwerkes ist an diesen Arbeiten, besonders an den älteren.
zu beachten. Einen grossen Werth in letzterer Beziehung, doch auch
in Bezug auf die seltne Erscheinung eines noch gesunden Styles, haben
die schon obengenannten Gestühle der Jakobikirche zu Stettin, die
der um den Beginn des vorigen Jahrhunderts erfolgten Restauration dieser
Kirche angehören. Es tritt an ihnen eine so kräftige Solidität des Hand-
werkes, eine so gediegene Behandlung, eine so durchaus meisterhafte Si-
cherheit hervor, dass wir auch ihre Erscheinung noch entschieden als eine
Nachwirkung der tüchtigen Institutionen des so oft geschmähten Mittel-
alters betrachten müssen. Trotz aller Kunst- und Gewerkschulen möchte
es der heutigen Zeit sehr schwer werden, ähnliche Handwerksatbeiten zu
liefern, geschweige denn in einer Stadt, die, wie Stettin zu jener Zeit, sich
eben erst nach unsäglichen Leiden aus ihren Ruinen erhob.
Den Beschluss der Kunstdenkmale aus der Vorzeit unsers Vaterlandes
mache ich mit der Betrachtung zweier Monumente, welche sehr wohl ge-
eignet sind, das Ganze auf eine würdige und ernste Weise zu beenden.
Es sind dies die prachtvollen Denkmale, die sich auf die beiden letzten
Sprösslinge des alten Greifengeschlechtes, auf Anna, die Tochter Herzog
Bogislaws XIIl., Herzogin zu Croy und Arschott, gest. 1660, und auf ihren
Sohn, Ernst Bogislav, Herzog zu Croy etc., gest. 1684, beziehen. Sie
befinden sich in der Schlosskirche zu Stolp und sind beide aus
schwarzem und weissem Marmor (so dass die Massen des Archilektonischen
schwarz, das Dekorative und die figürlichen Darstellungen dagegen weiss
erscheinen) gebildet. Ernst Bogislav hat beide Denkmale errichten lassen;
an seinem eignen Denkmale findet sich die Angabe, dass dies Werk, zwei
Jahre vor seinem Tode, im J. 1682, ausgeführt worden sei. Das Monu-
ment der Mutter, an der Wand auf der Nordseite des Altares, besteht aus
einer schweren Barock-Architektur, die von dick gewundenen Säulen mit
korinthischen Kapitälen getragen wird. Zwischen den Säulen ist eine
grosse Inschrifttafel, die von den Lebensverhältnissen und den Tugenden
der Herzogin Kunde giebt. Es heisst darin von ihr: „Pia, prudens, placida,
magnanima, munitica, quae omnium majorum suorum Gryphicae gentis,
qui Pomeraniam quaqua patet ad annos fere DCO regia manu vel ducali
imperio semper ut patriae patres moderati sunt. dotes, virtutes, gloriam ut
expressit, aequavit, sie et finiit, domus hujus omnino inclytae eheu!
ultima." Unterhalb sieht man die Gestalt der Fürstin, in Lebensgrösse,
einfach gerarl ausgestreckt, auf dem Lager liegend, die Augen geschlossen,
die Hände über der Brust gefaltet. Diese Arbeit ist schlicht und recht
trefflich, mit gutem Naturgefühl und nicht ohne guten Styl ausgeführt.
Leider nur ist es unpassend und störend, dass die Figur (während das
Denkmal sich an der Höhe der Wand befindet) wie von oben gesehen dar-
gestellt ist, somit eines festen Haltes entbehrt. Ueber dem Gebälk des
Mßlluments ist ein besonderer Aufsatz von barocker Form, an dem meh-