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Pommersche
Kunstgeschichte.
Kunstschrank in der Königlichen Kunstkanlmer zu Berlin. Außh hier ist
die Hauptarbeit von edlem Holze, auch hier eine Menge silberner Zierden
angewandt, ausserdem aber entfaltet sich daran eine ganze kleine Kunst-
welt, sowohl in den weiteren Ausschmückungen, als in der Gestaltung all
der tausend Dinge, die der Schrank in sich einschliessU). Es ist der
reichste und geschmackvollste aller Kunstschränke, welche zu jener Meister-
zeit des Kunsthandwerkes in Deutschland entstanden sind. Philipp Hain-
hofer, Patrizier von Augsburg, hatte ihn im Auftrage Philipps, von Augs-
burger Künstlern und Handwerkern fertigen lassen, und überbrachte ihn,
nebst einem zweiten, ähnlich reichen Werke, im J. 1617 nach Stettin. Dies
war ein sogenannter „Meierhof," ein kleines Modell eines Schlosses, mit
allen dazu gehörigen Gebäulichkeiten und Nebenräumen, mit der sämmt-
lichen inneren Eintheilung, mit allem Geräth, das zu den verschiedenen
Lebensbedürfnissen gehört, mit den Figuren sämmtlicher Bewohner und
mit allem Gethier, was dabei erforderlich ist; im Garten des Schlösschens
trieben Wasserkünste ihr Spiel und liessen Vögel ihren Lockruf erschallen.
Dies zierliche Werk ist verschwunden, und man kennt es nur noch aus
der Beschreibung, welche Hainhofer seiner handschriftlichen Erläuterung
des Kunstschrankes beigefügt hat 2). Das Tagebuch, welches Hainhofer
über diese Reise geführt, giebt uns aber auch noch von vielen andern
Kunstgegenständen, die sich im Schlosse des Herzogs zu Stettin befanden,
Bericht. S0 erzählt er (S. 96) von der Bibliothek des Herzogs, wo an den
Büchergestellen "und auch an den Wenden herum gemahlte Tafeln von
allerhand gueten Maistern lainen, auf den Tischen klain gemahlte Täfelen
Hautfenweiss 0b einander ligen, auf den Benkhen und auf der Erden aller-
hand vasa et statue di marmo e di brunzo stehen, in den Daten, an den
Wenden, runde und di basso rilevo possierte, in Holz geschnittene, glä-
serne und andere subtile Sachen lainen und bangen." (Diese Sachen
zweckmässiger zu ordnen, habe der Herzog den oben genannten, zur Kunst-
kammer und Bibliothek bestimmten Nebentlügel des Schlosses aufführen
lassen.) So berichtet Hainhofer ferner von den grossen Reihefolgen fürst-
licher Bildnisse, die in verschiedenen Räumen des Schlosses hingen, von
andern Gemälden (als deren Meister mehrfach L. Cranach genannt wird),
von den grossen und mannigfaltigen Sammlungen von Handzeichnungen,
die der Herzog besessen, und von seinem interessanten Stammbuche; von
den Sammlungen der Münzen und Medaillen (antiker und moderner); von
den verschiedenartigen Prachtgeräthen, namentlich silbernen und gläsernen
(die letzteren in Stettin gearbeitet); von der Menge zierlichen Kunstgerä-
thes im Kabinet der Herzogin; von dem kunstvollen Spinnrade, das ihm
die Herzogin zum Geschenk für seine Hausfrau verehrt: „darinnen ein
Glöglen-Werkh, das weil man spünnet, Psalmen nach des Lobwassers Me-
lodey spület, und man es zehn mahl verkheren khan, zu Stettin gemacht,"
(S. 36); von dem "castrum doloris Imperatoris Rudolphi glorios: memoriae
von Glasswerkh gemacht, an dem die ganze procession von gläsernen Büld-
len umbgehet; unden im Fuss ein Music-Werkh spület; auf 4 Ecken in den
Thüren das Leben Christi und virtutes spirituales et morales mit Spiegeln
und brinnenden Lichtlen besteckt, darmit alles vilfaltig erscheine, zu sehen
i) Vgl. meine Beschreibung der in der Königl. Kunstkammer zu Berlin vorh.
KunstsammL, S. 178-201; und den Anhang zu Hainhofers Reisetagßbuch
(Balt. Stud. H, 2, S. 161.) 2) Abgedruckt in meiner vorgenannten Beschrei-
bung, S. 291, n: