Bildende Kunst.
Werke
moderner Zeit.
Bildniss-Sculptur.
817
Etwas später, wie es scheint, sind die lcbensgrossen Figuren der
gräflich Eberstcinlschen Familie, die sich in einer Seitcnkapellc der M a-
rienkirche zu Naugardt vorfinden. Auch sie sind aus Holz geschnitzt
und bemalt (das Holz ist zum Theil mit Leinwand überzogclnaind darauf
erst der Gypsgrund für die Farbe aufgelegt); doch erscheint die Arbeit an
ihnen ungleich besser und lebenvoller. Leider aber haben sie sehr gelir-
um; das Holz ist äusscrst wurmstichig, hier und da hängt die Leinwand
des Ueberzuges in Fetzen herab und einzelne Körpertheile fehlen bereits
gänzlich. Es sind vier Figuren, zwei männliche und zwei weibliche. Die
beiden ersteren erscheinen in versilberten Harnischen; der eine von diesen
steht aufrecht in einer Art Fcldherrnstellung; an seinem Fussgestcll liest
man die beschädigte Inschrift: nLÜdÜViCÜS eomes ab Eberstein (DlOIIIiIIUS
in N(augar')tten et Mas(sow) XXV die Maii (Ann)o Christi (aejmtis
suae 6.. (su)sceptae administrationis 37." Dem ebengenannteu entspricht
eine aufrecht stehende Dame. deren Haltung zwar wiederum ziemlich starr
ist, deren Kopf aber (dßf einzig Wohl erhaltene) eine recht tüchtigeArbeit
erkennen lässt. Der zweite Ritter undflie zweite Dame sind knieend und
mit gefalteten Händen vorgestellt? holden fßhlßll die Köpfe. Vor jeder
von diesen knieenden Figuren liegt gegenwärtig ein Helm mit Handschu-
hen, von denen der eine aber natürlich dem stehenden (undbarhäuptigen)
Ritter angehört. Die Volkssage nimmt indeSS, naiver lldßisä. die Helme
als die Köpfe der beiden Knieenden und deutet dies auf eine Strafe der
Enthauptung, ebenso wie die Kette, mit welcher man die "Statue des ste-
henden Ritters, um sie vor dem Umsturz zu sichern, die Wand be-
festigt hat, als das Sinnbild einer Gefangnissstrafe gedeutet wird. Ein
grosser barocker Altar, der sich in derselben Kapelle befindet. scheint mit
den Statuen gleichzeitig zu sein; er hat eine Menge Iigürlicher Darstellun-
gen. davon aber schon Vieles abgebrochen und unter den Altartiseh ge-
worfen ist. Unter demselben Altartische ruht ausserdem auch eine Anzahl
mittelalterlicher Heiligen, aus der Zeit um das Jahr 1500 und handwerk-
lich tüchtig gearbeitet. Natürlich sind sie zumeist verdorben.
Ein Zweig der deutschen Kunst, der sich in der ersten Hälfte des
sechzehnten Jahrhunderts zur gediegensten Vollendung erhob, besteht in
den Portrait-Medaillons, die gewöhnlich in kleiner Dimension ausgeführt,
in Holz und Speckstein geschnitzt und in edeln Metallen abgegossen Wut-
den i). Werke dieser Art, wenigstens Metallabgüsse, kommen häufig vor;
selten aber dürften ähnliche und ähnlich werthvolle Arbeiten in grosser
Residenz umgestaltet und ihm den Namen der nQdßrbllrgu gegeben hatte. Unter
den Scliiitthaufender Oderburg ward der Stein im J. 1680 hervorgeholt und an
seine jetzige Stelle gebracht._ Der Styl der Sculptur gehört dem Beginn der mq-
dernen Zeit an, doch sind die Nebeusachen, besonders das Wappen, an welghgg
die Figur des Herzogs sich lehnt, mit mehr Glück gearbeitet als die Hauptsachen.
Interessant ist es, aus der Errichtung dieses Denkmals und des oben bespreche-
nen Epitaphiums den monumentalen Sinn des Herzogs Barniiifs lX., über-
einstiinmend mit den glßlchleltlgen Bßsffebllngßn 1m Fache der historischen
Wissenschaft, zu erkennen; dass Barnim zugleich selbst als Bildhauer aufge-
treten war und mancherlei SculPtumn naßhgelöSSßn hatte, ist bereits bemerkt
werden.
4) VgL darüber meine Beschreibung der in der Jxönigl, Kunslkuninier zu
Berlin vorhandenen Kunstsammlung, S. 72, ff.
liuglviv