Bildende Kunst.
Gemälde
Mittelalters.
späteren
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hatte. Dies bestätigt sehr entschieden der Umstand, dass an selbständigen
Werken der Malerei aus dieser Periode nur äusserst wenig gefunden wird
und dass auch dies Wenige nicht eben auf der Höhe der Kunst steht. ,
Ausser dem Bilde eines heiligen Bischofes in der Gertrudskirche
zu Stettin, das dem Anfange des sechzehnten Jahrhunderts angehört und
die Art, etwa eines Hans Baldung Grien in handwerksmässiger Weise be_
folgt, sind nur einige, in der Marienkirche zu Oolberg befindliche
Gemälde zu nennen. Es scheint fast, da diese Kirche auch durch jene
alten Gewölb-Malereien ausgezeichnet ist, als 0b gerade in Colberg, aus-
schliesslich, die Malerzunft zu einiger Bedeutung sich erhoben habe.
Unter diesen Bildern ist zunächst ein, von Andern schon mehrfach bespro-
chenes, ziemlich grosses Gemälde anzuführen, welches in der Thurmhalle
hängt'). Es Stellt drei Mönche des Franciscanerordens vor, in der Mitte
den heiligen Franciscus, der die Wundenmale empfängt; auf der einen
Seite den schlafenden Gefährten des Heiligen, wie ein solcher stets bei
den Darstellungen der Stigmatisation als gegenwärtig erscheint; auf der
andern Seite einen dritten Mönch, der eine flammende Sonne mit den be-
kannten Buchstaben l. H. S. (11160119) trägt, ein Symbol, welches mehrere
Heilige führen, das hier aber, dem Franciscaner-Costüm zufolge, wohl
nur dem heil. Bernhardin von Siena, einen der vorzüglichsten Prediger
des Ordens, bezeichnen kann 2). Eine solche Deutung der Gestalten be-
darf für den, der nur einigermaassen mit den herkömmlichen Typen der
mittelalterlichen Kunst vertraut ist, keines weiteren Beweises, und es zer-
fällt somit die Volkssage, derzufolge hier die drei Mönche dargestellt seien,
die das Geld zum Bau der Kirche in weiten Landen gesammelt, ebenso
in Nichts, wie die Gründe, die man neuerdings zu ihrer Bestätigung auf.
gesucht hat 3). Auffallend war mir nur das Eine Moment dieser Vorstel-
lung, dass nämlich die Strahlen, welche dem heil. Franciscus die Wun-
denmale bringen, hier nicht, der Legende gemäss, von einem geflügelten
Crucifixe, sondern von der Jesus-Sonne des heil. Bernhardin ausgehen;
man könnte dies etwa dadurch erklären, dass der Maler oder der Besteller
des Bildes ein ganz besondrer Verehrer des letztgenannten Heiligen gewe-
sen sei. Uebrigens scheint das Bild, soviel sich nach der Renovation, die
damit vorgenommen ist, sagen lässt, eine leidlich tüchtige Arbeit aus de;
Zeit um den Schluss des fünfzehnten Jahrhunderts zu sein.
Am ersten Pfeiler des südlichen Seitenschiffes, dem Thurmpfeiler
gegenüber, findet sich sodann ein, ebenfalls ziemlich grosses Gemälde,
welches die Anbetung der Könige vorstellt. Es ist von mittelmässigcr
Arbeit, doch sind einige Köpfe darauf bemerkenswerth; der Styl, in dem
es gemalt ist,'zeigt einen gewissen Einfluss der alttlandrischen Schule.
Interessant ist es durch seine Unterschrift, derzufolge es um das Ende
des fünfzehnten Jahrhunderts gemalt sein muss; diese lautet: „Anno Dni.
Millesimo quadringentesimo septuagesimo quinto die vero XVlImen. Septbris
Dorothea , et Anno nonagesimo quinto tcia edcm mensis Katherina nxores
Simonis Adebar persolverunt debitum naturae etc. Die in dieser Un-
l) Vgl. Wachs, Gesch. d. Altst. Colberg, etc., S. 84; und Maass. Geschichte
u. Beschrbg. der St. Marieu-Domkirche zu Colberg, S._69. 2) Christliche
Kunstsymbolik und Ikonographie, S. 172. Dabei soll aber der Werth
dieser Volkssage, als einer solchen, als eines Zeugnisses für das Fortleben des
poetischen Geistes im Volke, auf keine Weise geläugnet werden. 4) Zu be-