Aussen sind (loppelte Flügelgemälde vorhanden, Darstellungen aus der
Geschichte der Anna und Maria, von roh handwerksmässiger Arbeit
In dem dritten Altar ist die Kreuzabnalime und auf den Seitenschreinen
vier Seenen aus der Passionsgeschichte enthalten. Der Werth diese; Schnjtz-
werke ist denen des cbengenannten Altares gleich. Die, ebenfalls deppel-
ten Flügelgcmälde enthalten wiederum Scenen aus der Geschichte der Maria;
auch diese sind handwerksmässig und ohne höhere künstlerische Bedeu-
tung; doch in denCompositionen und einzelnen Motiven, in Geberde und
Kostümen verräth sich hier gleichwohl die Nachwirkung eines edleren Sin-
nes, und zwar, was zu beachten sein dürfte, eine direkte Erinnerung an die
Eigenthümlichkeiten der altilandrischen (Eyckschen) Schule.
Das grosse Schnitzwerk über dem Hochaltar der N i k o l a i k i r c h e
zu A n c l a m dürfte, in den allgemeinen Verhältnissen des Styles, ebenfalls
mit Veit Stoss zu vergleichen sein. Der Mittelschrein stellt in einer sehr
grosseu, äusserst iigurenreichen und in viele einzelne Gruppen zerfallenden
Coinposition die Kreuzigung Christi dar. (Die drei Crucitixe fehlen gegen-
wärtig; das Kreuz mit dem Erlöser, welches diesem Schnitzwerke angehört,
steht neuangestric-hen auf dem Altartische.) Auf jedem der Seitenschreiiie
sind sechs vorangehende Scenen der Passionsgeschichte enthalten; auch
von diesen umfasst eine jede eine bedeutende Anzahl von Figuren. Die
Behandlung des Ganzen ist hier äusserst naiv und kindlich spielend, die
Figuren sind wie Püppchen zusammengestellt, in grosser und kleiner Di-
mension, je nachdem ihre Bedeutung oder der vorhandene Raum dazu die
Veranlassung gab. Und dennoch, wie wenig künstlerisch auch das Einzelne
gestaltet ist, geht überall ein sehr lebendiges Gefühl durch das Werk; es
ist ähnlich wie in den bekannten Passions- und Fastnaehtsspielen jener
Zeit ein eigen bänkelsängerischer, volksthümlicher Humor darin, der
die Sache, soweit sie nicht die Tiefe des Geisteslebens berührt, ganz frisch
und kräftig zu vergegenwärtigen weiss. Die Aussenseiten der Flügel sind
roh bemalt.
Hieher gehören sodann auch zwei, in der Marienkirche zu An-
clam befindliche Altäre. Der interessantere von diesen findet sich, zu-
rückgestellt, in einer Kapelle auf der Südseite der Kirche. Der Mittel-
schrein enthält eine Darstellung der heiligen Sippschaft. Auf einem Unter-
satzschreine ist der Anfang des Stammbaumes der Maria, der sich, als
Umrahmung des Mittelschreines, auf dessen beiden Seiten in die Höhe
fortsetzt. Auf jedem der Seitenflügel sind zwei Heiligenfiguren dargestellt.
Die ganze Arbeit zeigt eine sehr bemerkenswerthe Eigenthünilichkeit. In
den Figuren ist viel lebendiger Sinn, Manches ist sehr trefllich empfunden.
Andres aber auch phantastisch gespreizt und manierirt. Der Faltenwurf
ist in Stossischer Weise geknittert, doch nicht kleinlich behandelt. Die
weiblichen Köpfe sind durchweg vortrefflich, von etwas voller Bildung,
sehr zart bemalt und überall von einem eigen milden Ausdrucke. In
schöner Würde zeigt sich namentlich die Gestalt der heiligen Anna, welche
die Mitte des Mittelschreines einnimmt und zu deren Füssen die heilige
Jungfrau mit dem Kinde sitzt. Die heiligen _Vorfahren, welche der Stamm-
baum enthält, werden nicht, wie gewöhnlich bei solchen Darstellungen,
von consolenartigen Blumen getragen; sie sitzen. arabeskeuhaft in den
Zweigen des Baumes und reiten und klettern darin ungemein lustig und
kühn umher. Die architektonischen Baldachine sind durchaus schön und
edel behandelt; besonders reich sind sie über den Flügeln gestaltet. Ich