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Pommerscha Kunstgeschichte.
einmal die Madonna erscheint) enthalten. Die Arbeit hat auch hier einen
etwas handwerksmässigen Charakter. Im Styl ist das eckige Wesen der
Zeit um den Schluss des funfzehnten Jahrhunderts vorherrschend, doch sind
einzelne Gewandpartieen, namentlich das Gewand der Madonna, in Sßllöller
freier Würde angeordnet. Die Körperverhältnisse sind kurz , die naCktßn
Körpertheile (bei dem Täufer Johannes und dem Christkinde) mangelhaft
dargestellt Das Haar ist meist ziemlich conventionell behandelt. Höchst
merkwürdig aber ist die ebenso zarte, wie grossartig plastische, ichwmöchte
sagen: classische Bildung der Gesichter; es drückt sich darin ein eigen-
thümlich hoher Adel, mit milder Schönheit verbunden, sehr glücklich aus.
Die Baldachine über den Figuren, und was sonst an architektonischcm
Schnitzwerk vorhanden ist, zeigen zierliche spätgothische Formen. Die
Malereien, die ohne Zweifel auf den Aussentlächen der Seitenschreine und
auf einem zweiten Flügelpaare befindlich sind, konnte ichnicht sehen, da
die Seitenschreine keine Bewegung gestatteten. lm Chore der Kirche
von Cöslin finden sich ausserdem noch zwei Crucitixe aus spätmittelalter-
licher Zeit, ein grösseres und ein kleineres, von denen das letztere recht
tüchtig gearbeitet ist.
Ungefähr gleichzeitig mit dem Altarschreine von Cöslin dürfte der des
Ilochaltares im Dome zu Cammin sein. Dieser enthält auf dem Mittel-
schrein eine Darstellung der Himmelfahrt der Maria, auf jedem der Seiten-
schreine vier legendarische Scenen. Doch sind diese Arbeiten ziemlich
roh behandelt und ohne ein sonderlich sprechendes Gefühl. Auf den Aussen-
flächen der Seitenschreine sieht man verdorbene moderne Landschaften.
In dem südlichen Raume des Querschiifes derselben Kirche sind sodann
zwei einzelne grosse Figuren, die beiden Johannes vorstellend, zu bemerken;
beides sind leidlich rohe Arbeiten vom Ende des funfzehnten Jahrhunderts.
An einem Pfeiler hängt ein grosses altes Crucifix, welches noch dem
vierzehnten Jahrhundert angehören dürfte.
Die Ja k obikirch e zu S t. r a l s u n d bewahrt drei Schnitzaltäre, welche
bereits dem sechzehnten Jahrhundert zugeschrieben werden müssen. Ihre
Behandlungsweise nähert sich der des nürnbergischen Bildschnitzers Veit
Stoss, sowohl in dem Ausdrucke einer anmuthig spielenden Naivetät, als
in der mehr oder weniger manierirten Gewandung (besonders in der ge-
knitterten Weise des Faltenbruches). Der beste von diesen Altären und
der zugleich am Entschiedensten an Veit Stoss erinnert, befindet sich in
einer Kapelle auf der Nordseite der Kirche. Er enthält im Mittelschrein
eine Darstellung der heil. Sippsehaft, in den Seitenschreinen Scenen aus
der Geschichte der Maria und in einem Untersatzschreine die Auferstehung
Christi. "Hier machen sich manche schöne Motive bemerklich, und nament-
lich ist die Begegnung der Maria mit der Elisabeth, auf einem der Seiten-
schreine, als eine sehr edle Composition hervorzuheben. Die beiden
andern Altäre finden sich in Kapellen auf der Südseite der Kirche. In
dem Mittelschrein des einen sieht man Gott-Vater mit dem Christusleiehnam
auf dem Sehoosse (eine steife Darstellung), auf den Seitenschreinen Scenen
aus der Kindheit Jesu, die manchen ansprechend naiven Zug enthüllen-