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Pomxuersclme
Kunstgeschichte.
Die Blarienkirche zu Stralsund ist eine der merkwürdigsten
pommerschen Kirchen, die dem funfzehnten Jahrhundert angehören, zugleich
eine, die ein vorzüglich charakteristisches Beispiel für den architektonischen
Sinn dieser Zeit giebt. Gewöhnlich zwar ist man der Meinung, dass das
eigentliche Kirchengebäude aus dem vierzehnten Jahrhundert (und zwar
aus dessen früherer Zeit) herrühre und dass nur der Bau des Thürmes in
das folgende Jahrhundert falle. Diese Meinung gründet sich, soviel ich
weiss, darauf, dass in verschiedenen chronikalischen Berichten aus der
Mitte des sechzehnten Jahrhunderts von grossen Beschädigungen gesprochen
wird, die ein im vierzehnten Jahrhundert vorhanden gewesenes Gebäude
der Marienkirche in der späteren Zeit dieses Jahrhunderts erlitten habe
und dass hier und dort auf diejenigen Bautheile, die erhalten geblieben,
hingedeutet wird; sodann darauf, dass man im fünfzehnten Jahrhundert
ausdrücklich nur den Thurmbau erwähnt findet. Eine genauere Verglei-
chung dieser Berichte (soviel mir deren vorliegen) untereinander und mit
dem an dem ganzen Gebäude hervortretenden Style ergiebt indess ein an-
deres Resultat. Es ist für diesen Zweck nöthig, die bezüglichen Stellen
wörtlich hieher zu setzen.
a) „Anno 1382 dess mandages vor pingestenn, do vell vnser leuen
fruwenn kercken. dat parth dar dat chor jss." (Berckmanns Strals. Chron.
s. s.)
b) „Im jahr 1382 des mandages vor pingsten Iiel der thurm tho vnser
leuen fruwen nieder, vnd schlog dat chor in, beth vp de ersten söss pyler,
de bleuen stan; darup hernamals dat chor wedder gebuwet vnd mit isernen
bendern vorsehen ward, wie den noch ogenschinlick is." (Storclrsche Chro-
nik bei Berckmann, S. 164.)
c) „Ann_o xiijc lxxxiiij (1384) des mandages vor pinxsten done fell
vnser leüen frowen karcke vnd chürnedder. dat dat chur is ock ned-
der gefallen, kanme noch wohl sehen, wo de vj pyler gesehöreth vnd to-
reten gewesen vnd mith isernen verbünden, alseme noch sehen mach."
(Wesselsche Bibel, hsgb. von Zober, S. 4.)
d) „Anno 1382 ist S. Marien Kirchenchor eingestürzt. Anno 1389 ist
die Thurmspitze eingefallen und hat im Gewölbe grossen Schaden gethan."
(Mspt. unter d. Charisianis der Rathsbibl. Sundine, 1835, Nr. 92, S. 367.)
e) "Anno xiiijc vnd xj (1411): done wordt de Seyger (das Uhrwerk)
to Marien gehengeth." (WessePsche Bibel, S. 4. Aehnlich bei Berckm.,
S. 175: "Anno 1411 do wardt de seyer tho vuser leuen fruwen vpgehengetft)
f) "Anno 1416 do wortt dat fundamente gegrauenn tho vnser leuen
fruwenn torneß etc. (Berckrn, S. 9, und ebendaselbst, S. 171)
g) „Ann0 xiiijc vnd xvij (1417), don wordt dat fündamente to Marien
thorne gelecht." WVessel a. a. O. Uebereinstimmend damit das Mspt. unt.
d. Charisianis.)
h) „Anno xiiijc vnd lx (1460): vp lilichaelis setteden se dat scherwerck
vpp vnser fruwen klocktorne, vnd hingen dar de klocken yn.) (Wessel,
a. a. O.)
i) „Ann0 xiiijc vnd lxxiij (1473), "vp Michaelis is dat murwerck to
Marien thorne fullenbracht." (Wessel, 5. Uebereinstimmend damit das
Mspt. unter den Charisianis.)
a)
A29
Zober
die
Iviarieukirvhe
ZU
Stralsund.
Sundine
1836