Kirchliche Architektur.
Gothischer Styl des
Jahrhunderts.
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lebendigeres oder ein mehr nüchternes Gefühl darin hervortritt, wiederum
ein höheres oder jüngeres Alter bezeichnen. Zu bemerken ist im Auge-
meinen, dass der Chor an diesen sämmtlichen Kirchen als gesonderte]-
Bautheil, in der Breite des Mittelschiiies und dreiseitig geschlossen, er-
scheint; dass Mittel- und Seitenschiife durchweg in gutem Verhältniss zu
einander stehen, und dass die Kirchen überhaupt durch ihre räumlichen
Verhältnisse von guter Wirkung sind; dass ferner die Pfeiler in der Hauph
form achteckig sind; dass über dem einfachen Kämpfergesims der Pfeiler,
neben der Gliederung der Schwibbögen, welche die Pfeiler verbinden, zu-
gleich die Gliederung der grossen flachen Nischen an den oberen Wänden
des Mittelschiffes aufsetzt; dass die vier erstgenannten Kirchen auf jeder
Seite des Mittelschiiies drei Pfeiler haben (nur in der Kirche von Stolp
sind deren vier); dass die Gewölbe der Haupträume überall in der Stern-
form erscheinen, die Wenigstens bei einigen Gebäuden der ursprünglichen
Anlage anzugehören scheint; dass überall auf der Westseite sich nur Ein
Thurm erhebt, und dass dieser in der Regel ursprünglich vor die Seiten-
sehiire vomm und nur mit dem Mittelschiff durch eine hohe Halle in
Verbindung steht (nur die Kirche von Stolp hat hierin eine wesentlich
abweichende Einrichtung); dass überall unter den 'Dächern der Seiten-
schiffe Rosettenfriese, oft gedoppelte, hinlaufen (eine Einrichtung, die
zwar auch bei mehreren der im Vorigen besprochenen Gebäude vorkommt);
dass aber sonst sich im Aeusseren keine reichere Dekoration entwickelt
Als die edelste unter den fünf genannten Kirchen, somit als der frü-
heren Zeit des vierzehnten Jahrhunderts angehörig, erscheint die Marien-
kirche von Belgard. Die Gliederung der Schwibbögen und der Wand-
pischen über diesen ist einfach, aber von reiner Bildung; an der Vorder-
seite der Pfeiler läuft eine Halbsäule als Gurtträger empor Uebel-
den Schwibbögen zieht sich durch die Wandnischen ein Rosettenfries hin.
Fenster und Portale sind in lebendig bewegten Formen gegliedert. 1m
Mittelschiif fehlen gegenwärtig die Gewölbe, doch sieht man aus den vor-
handenen Ansätzen derselben noch, dass sie, wie die des Chores, die Stern-
form hatten.
Nicht ganz so edel in den Detailforrnen und offenbar etwas jünger
als die ebengenannte Kirche, doch noch einige schöne Einzelheiten bewah-
rend, zeigt sich die Marienkirche von Cöslin. In den Gliederungen
der Bögen und Nischen, namentlich über der südlichen Pfeilerstellung der
Kirche, tritt schon mehr nüchternes Element hlnzu, indem dieselben grossen-
theils nur durch geradlinige Einschnitte hervorgebracht sind. Doch sind