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Pommersche Kunstgeschichte.
(als ein einzelner), der schlank in die Höhe steigt und auf eine reiche und
geschmackvolle Weise geschmückt ist. Zunächst über der Höhe des Mittel-
schities ist der Thurm, in zwei Geschossen, viereckig gestaltet. Zur Ab-
theilung der Geschosse dienen zierliche Rosettenfriese von schwarzglasirten
Steinen; an den Seiten jedes einzelnen Geschosses sind je drei Fenster-
blenden angebracht, denen der Nikolaikirche ähnlich, aber mit reichen
Rosetten, ebenfalls von schwarzglasirtem Steine, geschmückt. Ueber den
Ecken des zweiten Geschosses Springen dann kleine viereckige Thürmchen
mit Fensterblenden empor, zwischen denen sich der achteckige Oberbau
erhebt, dessen Seiten wiederum denen der unteren Geschosse ähnlich ge-
schmückt sind. Auch diese reiche Dekoration des Thurmbaues scheint
mir charakteristisch für die genannte spätere Zeit, in welcher das künst-
lerische Element mehr am Aeusseren der Gebäude als an ihrem Inneren
hervorzutreten beginnt.
Die Nikolaikirche zu Greifswald ist um den Beginn des vier-
zehnten Jahrhunderts angefangen und höchst wahrscheinlich im Jahr 1326
vollendet worden i). Ohne Zweifel gehört der gegenwärtig vorhandene
Hauptbau der Kirche in diese Zeit, wenigstens sprechen dafür die sehr
schönen Verhältnisse des Inneren, namentlich das sehr harmonische Ver-
hältniss der Seitenschiiie zum Mittelschiif. Auffallend ist nur die etwas
nüchterne Gestaltung der Ostseite, indem das Mittelschiff mit einer gerad-
linigen Wand schliesst, während die Seitenschitfe hier durch schräge Wände
begrenzt werden, so dass (wie an der Marienkirche von Anclam in deren
gegenwärtiger Erscheinung) für das Aeussere eine Art dreiseitigen Chor-
sehlusses entsteht. Das Hauptfenster der östlichen Wand ist bemerkens-
werth durch die, wie es scheint, alte Stabverzierung(126.), deren Ver-
schlingungen der Fensterbildung mancher Gebäude in
ßkx südwestlichen Landen entsprechen, doch, dem Back-
QN steinbau gemäss, auch so ziemlich einfach gehalten
sind. Sonst lässt sich über die Detailformen der
Kirche kaum etwas Besondres sagen, da sie bei der
l neuerlich erfolgten, übrigens sehr geschmackvollen
l ltestauration durchweg erneut und umgewandelt sein
I, A! dürften. Nur der Thurmbau der Kirche ist in seinen
125 ursprünglichen Formen erhalten; diese jedoch deuten
auf ein jüngeres Alter, als das der Kirche, ihrer Anlage nach, zu sein
scheint. Vermuthlich gehört der Thunn, der sich über der Mitte der West-
seite erhebt und dem Thurm der Jakobikirche von Stralsund in mehreren
Motiven ähnlich ist, der Zeit um den Schluss des vierzehnten Jahrhunderts
an. Bis zur Höhe des Mittelschilfes und diesem an Breite gleich steigt er
in einfach viereckiger Masse empor, nur am Obertheil mit einigen Fen-
sterblenden von zusammengesetzter Gestalt, doch Ohne Weiteren Sßhmüßk,
versehen. Dann springen über den Ecken kleine Rundthürmchen empor,
deren rothe Steinmasse in gewissen Zwischenräumen von schwarzen Stein-
lagen durchzogen wird (121). Die Thürmchen stehen aber nicht frei, son-
dem sind durch kleine Zwischenbauten verbunden, die aus drei Geschossen,
übereinander zurücktretend, bestehen. Das unterste dieser Zwischen-
geschosse hat eine Zinnen-artige Bekrönung; zugleich ist dies, sowie
1) Gesterding, Beitrag zur Gesch. d.
Stadt, Gesch d. Nikolaik. in Greifswald
Greifswald
8.
Vgl.
Bieder-