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Pommersche Kunstgaschichte.
iauss-kerken Alle drei Nachrichten scheinen nur von der Anlage
Eines Thurmes zu sprechen; sie scheinen noch durch den Umstand ein
grösseres Gewicht zu erhalten, dass an dem mittleren Theil der Westseite,
über der sich jezt zwei Thürme erheben, das Fundament anders gestaltet
ist, als zu den Seiten, so dass man dasselbe als einen Rest der ersten
Thurmanlage betrachten dürfte. Es wird demnach mit Wahrscheinlichkeit
der gegenwärtig vorhandene Bau der beiden Thürme als eine Anlage aus
der späteren Zeit des vierzehnten Jahrhunderts zu betrachten sein; die
Richtigkeit der Angabe über die Gründung der Kirche selbst finde ich in
ihrem ganzen Baustyle aufs Entschiedenste bestätigt.
Das Innere der Kirche hat bedeutende und würdige Dimensionen; das
Mittelschiff erhebt sich zu namhafter Höhe, die niedrigeren Seitenschiffe
schliessen sich demselben in tretflichem Verhältnisse an. Der Chor ist
dreiseitig geschlossen; die Seitenschiffe sind als Umgang um den Chor
umhergeführt, doch so, dass sie in der Hauptform einen fünfseitigen Schluss
des Ganzen bilden. An den fünf Seiten dieses Schlusses aber treten wie-
derum kleinere kapellenartige Vorlagen, meist dreiseitig gestaltet, hinaus.
Diese reiche, gegliederte Form, in welcher der östliche Theil der Kirche
aufgeführt ist, hat unter den erhaltenen Kirchen Pommerns kein zweites
Beispiel; sie ist der Anlage der Dome in südwestlichen Landen verwandt
und scheint es anzudeuten, dass der Baumeister der Nikolaikirche dort
seine Studien gemacht hat. Doch bestätigen dies auch noch andre Motive.
Schitf und Seitenschiife werden auf jeder Seite durch neun Pfeiler geson-
dert, denen sich die beiden in den Ecken des Chorschlusses anreihen, so
dass im Ganzen 20 freistehende Pfeiler vorhanden sind, von denen die
10 westlichen dem eigentlichen Schilf, die 10 östlichen dem eigentlichen
Ohorbau angehören. Die Pfeiler des Schiffes sind achteckig, mit feinen,
in die Ecken eingelassenen Halbsäulchen; ihr Deckgesims wird durch ein
einfaches schräges Band gebildet, über dem die reichgegliederten Schwib-
bögen und die l-Ialbsäulchen aufsetzen, die an den oberen Wänden des
Mittelschities, als Gurtträger für das Gewölbe des letzteren, emporlaufen.
Die Chorpfeiler aber sind durchaus aufs Reichste und Lebendigste
gegliedert, indem nicht nur an ihrer Vorder- und Rückseite die zierlich
weich geformten Gurtträiger niederlaufen, sondern auch die andern Seiten,
welche die Schvriblwögen tragen, in regem Wechsel der 'l'heile belebt Sind.
lm anmuthigsten Verhältniss reihen sich hier Halbsäulchen an Ilälbsäul-
chen, die mehr vortretenderen im Durchschnitt jenes reichere birnenför-
mige Profil zeigend, die andern durch wirkliche Kreisform gebildet. In
ähnlicher Weise, nur ein wenig einfacher, erscheint dann auch die Glie-
dernng der Schwibbögen (die zugleich im ganzen Schilf durchgeht). Das
Basament dieser Pfeiler erscheint, wo es sichtbar ist, ganz im streng go-
thischen Style. Ihr Deckgesims, ist mit sauberem gothischem Blattwerke
verziert. Nah über den Schwibbögen zieht sich an den Wänden des Mit-
telschilTes, über die Gurtträger sich herumwindend, ein Fries mit ähnli-
chem Blattwerk hin. Oberwärts ist die Last dieser Wände diirch grosse
spitzbogige Nischen, von Pfeiler zu Pfeiler reichend, erleichtert; im Grunde
der Nischen sind die Oberfenster angebracht; durch die Nischen läuft eine
offene Gallerie hin. Die Gewölbe scheinen nicht der ursprünglichen An-
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Zuber,
Berckmarufs
S. 163.
Stralsundische
Chronik
6126.
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