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Pammersche Kunstgeschichte.
bilden eine Reihe schmaler und hoher Kapellen, durch die in gewisser
Höhe, die Strebepfeiler durchbrechend, Emporen umherlaufen. Dabei ist
die besondere Einrichtung zu bemerken, dass, indem der Umgang mit den
fünf Seiten des Chorschlusses parallel geht, somit ebenfalls fünfseitig
schliesst, die fünf äusseren Seiten seines Schlusses eine bedeutende Breite
erhalten, dass man aber, um den nüchternen Eindruck einer solchen An-
ordnung zu vermeiden, nicht bloss (der gewöhnlichen Regel gemäss) in den
Ecken, sondern auch zwischen diesen, in der Mitte einer jeden Seite, Strebe-
pfeiler angeordnet hat, welche den übrigen, nach innen hereintretenden
Strebepfeilern im Uebrigen vollkommen gleich sind. Ohne Zweifel hat-
ten auch die eigentlichen Seitenschiife der Kirche dieselbe Anordnung.
Mit ihnen sind jedoch in späterer Zeit, vielleicht gleichzeitig mit dem
neuen Thurmbau, bedeutende Veränderungen und Erweiterungen vorgenom-
men. Es scheint, dass man die Absicht hatte, an dieser Kirche, wie an
der Marienkirche zu Colberg, noch zwei neue Seitenschiiie anzubauen.
Auf der Nordseite der Jakobikirche ist in der That ein solches zweites
Seitenschitf zu Stande gekommen, indem sich dort, zwischen der zweiten
Pfeilerreihe (den alten Strebepfeilern) und den weiter hinausgerückten
Seitenmauern ein breiter Durchgang bildet, der gegenwärtig nur durch
allerlei störende Einbauten, namentlich durch Erbbe-
gräbnisse, grösseren Theils ausgefüllt wird Ueber
diesem Durchgange läuft, wie im Holkengange zu Col-
berg, eine Emporenrcihc, in gleicher Höhe mit den Em-
poren des Chor-Umganges hin; sie wird von Sternge-
Hi. L wölben getragen, die sich gegen die Kirche zu theils im
VW Spitzbogen, theils im Halbkreisbogen öffnen. Oberwärts
l aber hat dieser Anbau nicht die Höhe der übrigen Räume
will der Kirche; im Gegentheil sind die Bögen (gedrückte
it Halbkreise), durch welche sich die Stemgewölbe seines
Oberbaues gegen die Kirche hin öffnen, beträchtlich niedri-
, ger als die Gewölbe des eigentlichen Seitenschifies.
Auf der Südseite der Kirche sind verwandte Einrichtun-
f l gen getroifen; auch hier ist eine ähnliche Emporenreihe
angeordnet. Doch sind die Seitenwände nicht so weit
i]! wie auf der Nordseite hinausgerückt, und wenigstens
F1 979. unterhalb der Emporen findet sich kein Durchgang zwi-
schen den alten Strebepfeilern und den Seitenmauern;
(die Streben sind hier mit den letzteren durch verstärktes Mauerwerk ver-
bunden). Dann ist hier der Anbau höher hinaufgeführt, indem die Bögen
(ebenfalls gedrückte Halbkreise) durch welche sein Oberbau sich gegen die
Kirche öffnet, bis nah unter das Gewölbe des Seitenschiffes reichen. Noch
ist zu bemerken, dass im Aeusseren der Seitenmauern dieser Anbauten
keine Streben hinaustreten, und dass dieselben auf der Südseite nur durch
schmale und hohe Fensterblenden. die besonders am unteren Theile zier-
lich dekorirt erscheinen, bezeichnet sind. Alles aber, was an beiden An-
bauten von architektonischer Form besonders zu bemerken ist, deutet auf
sehr späte Zeit, etwa die zweite Hälfte des funfzehnten Jahrhunderts. Von
eigenthümlicher Schönheit ist ein dritter Anbau, der sich dem eben be-
sprochenen auf der Nordseite anschliesst. Es ist eine eigene kleine Ka-
pelle von trefflichem Verhältniss, deren ziemlich bunt geformtes Gewölbe
von zwei freistehenden Rundpfeilern getragen wird. Auch sie scheint dem