Kirchliche Architektur.
der 2. Hälfte des
Gothischer Styl
Jahrh.
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von einfacher Form, doch springen auf ihren acht Ecken eckige Stäbchen
vor, welche bis zum Ansatze der Schwibbögen, die die Pfeilerstellungen in
der Flucht des Kirchenschiffes verbinden, emporlaufen; ganz in derselben
WVeise sind auch diese Schwibbögen gebildet. An den schrägen Flächen
der letztern sieht man die Spuren gemalter gothischer Rosetten; auch an
den Pfeilern scheinen Farbenspuren durch die weisse Tünche vorzu-
schimmern, Eigenthümlich ist es, dass an der Südseite die Strebe-
pfeiler nach dem Inneren der Kirche vertreten und somit kapellenartige
Räume zwischen sich einschliessen, während an der Nordseite die Strebe-
pfeiler frei nach Aussen hinaustreten. All diese späteren Theile der Kirche,
somit den gesammten mit ihr vorgenommenen Umbau, dürfte man am besten,
wie es scheint, der späteren Zeit des vierzehnten Jahrhunderts zuschreiben.
Noch jünger erscheint der Thurm der Kirche. Dieser erhebt sich, in
einfach viereckiger Gestalt, in mehreren Geschossen rohe Fensterblenden
enthaltend, vor dem südlichen Theile der Westwand; ihm entsprechend
sollte ein zweiter Thurm auf der Nordseite, wo jetzt rohe kapellenartige
Vorbauteu aus der spätesten Zeit des Mittelalters stehen, aufgeführt wer-
den. (Oder ist ein solcher zweiter Thnrrn vielleicht wirklich vorhanden
gewesen und früh zerstört worden?) Interessant ist es übrigens, dass auch
die Giebel über den vier Wänden des Thurmes erhalten sind, über denen
sodann sich eine schlanke Spitze erhebt.
Ein sehr zierliches Portal, dem an den alten Bautheilen der Marien-
141mm; von Anclam entsprechend, somit gewiss aus derselben Periode, be-
merkte ich an der Kirche des Dorfes Hohen-Mocker, zwischen Demmin
und "Prcptow a. d. T. belegen. Das Aeussere dieser Kirche erschien gothisch
rnodernisirt.
Als ein vollständig erhaltenes Kirchengebäude aus der zweiten Hälfte
des dreizehnten Jahrhunderts dürfte die KathMinen-Klosterkirche
in Stralsund zu betrachten sein. Doch kann ich über sie nur allgemeine
Andeutungen geben, indem ihre Untersuchung durch ihre gegenwärtige Be-
stimmung sie dient als Arsenal und ist im Innern verbaut sehr er-
schwert wird. Das Mittelschifl" wird von den gleich hohen Seitenschiifen
durch Pfeilerstellungen von je 7, theils runden, theils achteckigen Pfeilern
getrennt. Der Chor verlängert sich in der Breite des Mittelschiffes und hat
einen mehreckigen Schluss. An den Halbsäulehen, die im Chnre als die
Träger der Gewölbgurten emporlaufen, bemerkte ich gothische Blätterkapi-
täle, die in den pommerschen Kirchen des vierzehnten Jahrhunderts nicht
weiter vorkommen, wie auch die Rundform der Pfeiler im Langsehiif hier
nur dem dreizehnten Jahrhundert eigenthümlich zu sein scheint. Eine alte
Nachricht bestimmt für den Anfang des Baues dieser Kirche das Jahr 1251.
für ihre Vollendung und den Beginn des Gottesdienstes in ihr das Jahr
1317 Die neben der Kirche belegenen Klostergebäude gehören
einer späteren Zeit an. Sie bestehen aus einer Reihe heiterer Räume, die
i) Nachrichten über die Stralsundischen Kirchen. (Aus einem alten Manu-
seript unter den Charisianis auf der hiesigen Rathsbibliothek.) Mitgetheilt in der
Sundine, 1835, Nro. 92, S. 367. Ein Grundriss der Kirche, nebst dem der
anstossenden Klostergehäude, Iindeteich in dem "Ersten Beitrage zur Geschichte
des Stralsunder Gymnaslulns"; doch 1st zu bemerken, dass dort die sämmtlicheil
Pfeiler der Kirche fälschlich in runder Form und, nicht minder unrichtig, der
Chorschluss in seiner Hauptform als Halbkreis erscheinen.