Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

Bilderhzuidsvhfiften 
Mittelalters. 
des 
Künstlerisches. 
Gehen wir. nunmehr zu dem eigentlich Künstlerischen dieser Darstel- 
lungen über. 
"Im Allgemeinen hat sich der Künstler, was die Composition attbetrillt. 
wesentlich nur an die Hauptpunkte des Textes gehalten und eben das 
Nöthige, soweit es zum Verständniss der Bilder für sich erforderlich war. 
herausgenommenf Oft auch hat er nicht angestanden, Manches anders dar- 
zustellen, als es der Text ausdrücklich besagt, wenn sich ihm vielleicht 
die Situation gerade auf seine Weise deutlich ergab. So heisst es z. B. 
im Texte, dass Aeneas, als er an der Karthagisclten Küste Boten ausgesandt 
hatte, auf einen Berg gestiegen und ihnen von da entgegen gegangen war; 
in dem dazu gehörigen Bilde aber treffen ihn die rückkehrenden Boten, 
wie er sinnend beim Schachspiele sitzt. Bei der Darstellung ferner, wo 
sich Dido mit dem Horne des Aeneas und dem Bettgewande verbrennt. 
hat der Künstler, auf sinnreiche Weise, einen Ring hinzugemalt, von dem 
das Gedicht nichts sagt. S0 wird ferner im Gedichte ein 'l'hurm, den 
Aeneas vor seiner Burg gebaut, von Turnus durch Feuer zerstört, während 
ihn der Maler durch einen Mauerbrecher stürzen lässt- U. a. In. 
Es ist bereits gesagt, "dass" die Figuren nur in Umrissen gezeichnet, 
sind, somit jede eigentliche Sehattirting wegfalle. Doch zeigt sich in der 
Gewandung oft ein Zusammenziehen naheliegender Linien, besonders wo 
tiefere Partieen angedeutet werden sollen, wodurch eine entfernte Art von 
Schattirung entsteht. Ebenso findet sich häufig, eine gewisse Angabe des 
Schattens um die Augen, besonders bei Darstellungen des Schmerzes oder 
bei mehr phantastischem Gestaltern Die NVangen werden durch einen 
sehwachrothen Fleck bezeichnetßDie Zeichnung ist übrigens sehr scharf 
und bestimmt. 
-Kennt.niss der Körperform, besonders der Verhältnisse in den nackten 
Theilen, der Gesetze der Bewegung u. s. w. mangelt fast ganz. Das Ge- 
sicht hat stets dieselbe stereotype Form, meist zu drei Vierteln von vorn 
gesehen, mit etwas gebogener Nase, kleinem Munde und vorgerückten: 
Untergesicht. Die Augen sind weit offen und etwas geschlitzt; der Augen- 
stern, nur durch einen dicken Punkt bezeichnet, hängt gewöhnlich an dem 
oberen Augenliede. Im Profil sieht man die Gesichter selten; sie zeigen 
dann stets einen langaufgesperrten Mund. Die Gewandung befolgt eben 
aüCh 11111" (119 anäelneinsten Gesetze der Körperform; sie ist stets streng 
schematisch, in eigenthümlichen Linien, gezeichnet. Bei hastiger Bewegung 
schwingt sich wohl einmal "eine oder eine andere Falte ausbder gewöhn- 
lichen Lage hervor, über Stets Schwer und auf unbeholfene WVeise. 
Die Thiere werden stets auf eine arabeskenartige Weise stylisirt, was 
 mit Ausnahme der Pferde  ganz glückliche Erfolge zu Wege bringt. 
EbenSü die 351111116 11m1 Pflanzen. Die gesammte Kunst des eigentlikcl: 
byzantinischen Styles ist, möchte ich sagen, noch in der Arabeske befangen. 
 Dass die Menschen in keinem Verhältniss der Grösse zu den Archi- 
tekturen stehen, ist in jener Zeit zu allgemein, als dass es noch besonders 
erwähnt werden dürfte. Ebenso der Mangel, oder richtiger: die gänzliche 
Abwesenheit der Perspektive. Bei der Seitenansicht des Tisches sieht man 
zugleich dessen gesammte Oberfläche; das Schachbrett, darauf die Leute 
spielen, ist senkrecht auf den Teppich gestellt, damit man sämmtliche Felder 
übersehen könne.
	        
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