llI. Die Bilderhandsclirift der Eneidt. 47
an Fussbänken fehlt es nicht. Häufig jedoch, zumal im Freien, sitzt man
nicht auf Sesseln, sondern auf dem Boden mit kreuzweis untergeschlageneu
Beinen.
Das Schreibepult hat die gewöhnliche Form einer schrägen Tafel. die
auf einem schweren gedrechselten Fusse ruht, und darin das Tintenfass in
Gestalt eines Hornes steckt.
Der Speisetisch, mit einem Teppich bedeckt, der vorn in reichen Fal-
ten Hicderhängt, zeigt mancherlei Gefässe, in denen Speisen Braten,
Fische, vielleicht auch Gemüse befindlich sind; ebenso Gefässe zum
Trinken und verschieden geformtes Backwerk. Die Speisen werden von
den Dienern knieend auf den Tisch gesetzt; von andern werden hoch-
erhoben Pokal-artige Gcfasse herbeigetragen. Der Führer dieser letzteren,
der Mundschenk, trägt in der Hand einen Stecken. Man sieht auf dem
Tische einige grosse Messer, wohl zum Zerschneiden der Speisen, keine
Gabeln. Es wird mit den Fingern in die Schüssel gelangt und So C116
Speise zum Munde geführt.
Die Betten zeigen ein schweres Gestelle, etwa nach Art byzantinischer
Säulen gedrechselt; drüber einen Bogen, an welchem eine Gardine befestigt
ist. Die Matratze, auf welcher die Schlafenden ruhen, ist nach 5911119???"
ende zu beträchtlich erhöht; sie liegt über einer Decke, welche vßrn {I1
reichen Falten niederfallt. Unter dem Haupte des Schlafenden ist ein klei-
nes Kissen befindlich. Ein reichgemustertes Stück Zeug dient zum Zu-
decken; die Schlafenden tragen stets ein Unterkleid.
Die Zelte erscheinen von kegelartiger Hauptform; sie laufen nach oben,
in einem grossen Knopfe, spitz zusammen.
Die Schiffe sind entweder von der Form einfacher Kähne, mit spitzen
oder schneckenartig gewundenen Ecken, statt deren auch Thierköpfe vor-
kommen; oder sie haben eine Kajüte mit Fenstern, die auf mannigfache
Weise im Style der byzantinischen Architektur geschmückt sind. Eine mit
Riegel und Schloss versehene Thür, zu der man von aussen auf Leitern
emporsteigt, öffnet das Schilf. Der Fährmann, stets durch Bart und Ka-
puze ausgezeichnet, leitet das Schilf mit dem Steuer, einem Ruder von
beträchtlicher Breite, welches seitwärts neben dem Schnabel durch den
Rand des Schiffes gesteckt ist. Der Mast ist stark und nicht hoch, oben
mit einer Kugel oder einem Wimpel geschmückt und in der Regel mit
einem breiten Segel versehen.
Die Todtenbahren haben dieselbe Gestalt, wie noch heutiges Tages,
nur mit der Andeutung schweren byzantinischen Schmuckes. Sie sind mit
prachtvollen Teppichen bedeckt. Beim Begräbniss, wenn die Bahre von
Pferden oder Maulthieren getragen wird, sind die Tragbäume der Bahre
an die Sättel der Thiere festgebunden. Die Leidtragenden fügen, beim
Begräbniss der Kamilla, mit Kerzen in den Händen.
Es fehlt endlich nicht an der Darstellung allerlei andrer Geräthe und '
Bedürfnisse des Lebens, an Arbeitszeug für Schmiede, Zimmerleute, Maurer
änd Feldarbeiter, an Fässern und Mantelsäckcn, an Leuchtern, Schach-
rettern u. s. w.
Auch der Galgen ist nicht vergessen. Es ist eine Querstange, die
über zwei gabelförmigen Pfosten liegt.