Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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hingen durch reicheren Besitz an Werken eines höchsten Ranges übertrafen. 
Einer allmähligen Abhülfe dieses Mangels ist für die Zukunft entgegen zu 
sehen, indem die durch königliche Gnade angeordnete reichliche Dotifunq 
des Museums stets neue Erwerbungen zulässig macht; und in der T1145 
sind, seit Eröffnung des Museums, die schätzenswertliesten Bereicherunwen 
dieser Gallerie Jahr für Jahr erfolgt. Daneben aber besitzt die Gemälde- 
Gallerie des Museums den Vorzug, der sie von allen ähnlichen Sammlungen 
auf eine eigenthümlich bedeutsame Weise unterscheidet: den nämlich, dass 
sie sich nicht einseitig auf diese oder jene Epoche künstlerischer Thätig- 
keit beschränkt, sondern dass sie die ganze Periode christlicher Kunst- 
übung, von den dunkleren Jahrhunderten des Mittelalters an bis in das 
zuletzt vertlosscne Jahrhundert hinab (also nur im Gegensatz gegen die 
neuen. Bestrebungen der Gegenwart), mit einem Interesse umfasst, dessen 
grössere oder geringere Gleichinässigkeit bisher allein durch unabweisliclie 
äussere Umstände bedingt zu sein scheint. 
Die Gemälde-Gallerie bietet somit ein zusammenhängendes Ganzes,  
ein bis auf wenige Punkte vollständiges und seltncs Bild der Geschichte der 
christlichen Malerei dar; ihre äusscre Anordnung folgt den Gesetzen der 
geschichtlichen Entwickelung der Malerei und leitet somit schon von selbst 
den Beschauer zu einer Aufnahme dieses Zusammenhanges an. Die stufen- 
weise Ausbildung der Kunst, ihre Blüthe, der Verfall, das Emporraiien zu 
neuer Grösse u. s. w., alles dies tritt uns hier in mannigfachen Beispielen 
entgegen,  zugleich aber, was von höherem und allgemeiner-ein Interesse 
ist: die Anschauungskraft, die Sinnes- und Gefühlsiiichtuiig der Vßfganvgngn 
Tage selbst. Denn das cbcn ist das Grosse und Bedeutende aller lällnst 
dass in ihren Werken das Leben und Sinnen der Zeit, in der sie entstan: 
den sind, eine feste Gestalt gewonnen hat und dass sie noch den späten 
Nachkommen eine geheimiiissvollc und doch so klar verständliche, so un- 
mittelbare Kunde von dem, was die Geister ihrer Zeit erfüllte und bewegte, 
zu geben Vvrmögen. Dies gilt nicht blos von denjenigen Epochen, in 
welchen die Kunst mit vollkommener Freiheit über die Mittel der Dar- 
ätäiitlällilgiälldäglhüitäli elismachtigt War; dies gilt auclrvon den bgschfänkfey-en 
convenltionelleellrorhie alsteuungen noch. an emdeltlgm mehr oder "Veniger 
 n gebunden erscheinen: eine solche Einseitigkeit ist 
nicht als das starre Gesetz zu betrachten, an welchem das geistige Leben 
zerschellt; sie ist im Gegentheil eben nur der Ausfluss der noch erst auf 
einen einzelnen Punkt hingerichteten und oft in dieser Richtung um so 
wirkungsreichercn Bestrebungen. Eine Kunstsammlung, wie die in Rede 
Sifhelldß, fllhft also dllfßhfilfi Werke, welche sie vereinigt, unmittelbar die 
Bilder der innerlichen, geistigen Entwickelung der Geschichte an uns VQf- 
über; und wenn auch hier, wie überall bei geschichtlicher Betrachtung 
nur die Höhenpunkte der Bildung unserm Gefühle eine wehrhafte Befiiedil 
21m8 gewähren, so werden nicht minder auch die dämmernden Träum  
aus den 'i'aven der Kindheit    e 
 e,   , das machtige Ringen der lebhaft erwachten 
Kräfte, das keßkß SPICI _1I11t den sicher erworbenen Gütern unser Interesse 
oft unsre Bewunderung in Anspruch nehmen. ' 
Freilich ist es  leicht, die Sprache, welche diese Bilder 
Sprechen, zu verstehen. Sie sind nur einzelne Momente aus grossen Lebens- 
epochen, sie sind aus dem Zusammenhange, in den sie mit grösserer 04er 
geringerer Energie eingriiien und durch den sie getragen wurden, heraus- 
gerissen. Sie sind nicht ursprünglich für eine solche Zusammenstellung 
Kugler, Kleine Schriften. I. 41 J
	        
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