630
Schlosskirche
etc.
Quedlinburg
werden; die erwähnten Reliquien werden, sammt vielen anderen, im
bitter noch gegenwärtig aufbewahrt. Die Zeichnung dieser Niello's lässt
übrigens einen tüchtigen, bestimmten und ernsten byzantinischen Stvl (wie
in den besseren Miniaturen der Zeit) erkennen; im Faltcnwurf findet sich
an ihnen im Einzelnen manches schöne, lebendig bewegte Motiv.
Die aus Elfenbein gearbeiteten Seitentlächenbdes Kastens werden durch
Bogenstellungen mit Pfeilern und Säulen in eine Reihe von Nischen (zwölf
an der Zahl, je vier an den Langseiten, je zwei an den schmalen Seiten)
albgetlläeilt; lDie .?iäfältltdleSPli{ Pfeiler iirlirflSäullen lsind von attiscillfä. lform,
i re apiäe mi erwer , zum ' iei a antiusartiv zum ' ei von
eigentlich byzantinischer Bildung, geschmückt. Ueber ihriien läuft zunächst
ein horizontales Gesims hin, von welchem nach hinten zu Vorhänge, die
um die Säulen geschlagen sind, niederhängeii. Darüber erheben sich, von
Säule zu Säule, die halbrunden Bögen. In den Nischen stehen. in man-
nigfaltigsten Geberden, die Gestalten der zwölf Apostel. Die Figuren ge-
hören wiederum zu den vorzüglichsten Zeugnissen des Aufschwunges,
welchen die Kunst in Deutschland um den Schluss des zwölften Jahrhun-
derts genommen hat. Zwar fehlt ihnen hie und da die iiothwendige Fe-
stigkeit der Stellung; durchweg aber haben sie in erfreulicher Weise Le-
geili, Beweigung und freie Naivetäit, und im Einzelnen sind die Motive des
a tenwur es bei ihnen von einer hohen Schönheit und Anniuth so dass
sie mehr als einmal an die Formen der Antike erinnern. (Dieses,bewusste
Eingehen auf den Geist des klassischen Altertliums, wovon gerade jene
Periode die merkwürdigsten Zeugnisse liefert, ist etwas wesentlich Ver-
schiedenes von der unbewussten und rohen Nachachniung desselben, welche
im Vorigen besprochen wurde.) lni Allgemeinen sind die Verhältnisse
der in Rede stehenden Figuren leidlich nur ein wenig kurz. die Hände
sind meist gross; die Arbeit ist nicht gerade fein, aber ein lebendiges
Gefühl in der Führung des Messers, vornehmlich in Rücksicht auf die
Bildung der Hauptmassen. Ueber den Aposteln, in den Lünetten der Bo-
genstellung, sind die zwölf Figuren des Thierkreises angebracht, auch diese
im Allgemeinen von tüchtiger Arbeit. Die Hauptumfassungen des Kastens
sind von Goldblech mit feinem Filigran, in welchem an der Vorderseite
des Kastens auch musivische Blumen angebracht sind; der Deckel ist ohne
bildliche Verzierung und ausser den Goldzierden nur mit edlen Steinen
und Glastlüssen in der angegebenen Weise geschmückt. Doch ist auch
hier dem älteren Schmuck des Kastens einiger spätere Zierrat angefügt,
wie sich an der minder feinen Bearbeitung der goldnen Einfassungen er-
kennen lässt. Vornehmlich gehört hiezu eine an der Mitte der Vorderseite
angebrachte grosse antike Camee, in Amethyst geschnitten, welche mit ihrer
Einfassung die obere Hälfte der Mittelsäule und einen Theil der 'l'hierfelder
äu deren äeiteäi bedäckt. hläs istFein jugeudlilfheii Kigif, lfastzfnillständig
erausgcar ei e , in en sc oiien ormen griec iscier esic ts irung, mit
langem lockigem Haar, Stirnbinde und Epheukranz, also ein Bacclius oder
eine Ariadne. Leider ist dieses tretfliche Stück, welches in Rücksicht auf
seine Grösse (es misst 13], Zoll in der Höhe), wie auf die geistreiche Ar-
beit alle Beachtung verdient, nicht von Beschädigungen frei geblieben.
welche gegenwärtig den Eindruck desselben auf den Sinn des Besehauers
wesentlich beeinträchtigen; denn ausser einigen Brüchen auf der rechten
Seite des Steines ist auch die Nase und der Mund verletzt worden, so dass
vornehmlich nur noch die obere Partie des Gesichtes, Stirn und Augen,