Zitter der
im
Alterthümer
Quedlinburg.
Schlosskirche zu
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deutung auf speziell mittelalterliche Kunstform, gearbeitet, sowig auch die
Blägtereirifassiirigen der einzelnen Platten noch wdre antike Akanthusform
bewahren, Gleichwohl tritt 1n_den Lllllell der 1t1guren,__ ähnlich wie in
den oben besprochenen Malereien, ein gewisses Motiv hervor, weiches,
wie es scheint, den letzten Nachklängen des antiken Gefühles nicht mehr
angemessen ist und sich bereits alsden Uebergang zu späterer Bildungs-
weise ankündigt, SO dass wir auch diese Arbeiten einer Uebergangsperiode
der Art, d. h. ebenfalls dem zehnten Jahrhundert, zuschreiben dürfen
Hißdln-(jh könnte die Tradition, welche diesen Reliquienkasten als ein Ge-
Schcnk Heinrichs I. bezeichnet, einigen Grund erhalten; aber es könnten
eben auch nur diese Tafeln als die Reste eines solchen bezeichnet werden,
denn die übrigen Theile des Kastens deuten, wie gesagt, auf eine spätere
Epoche Die schmalen Elfenbeinplatten nemlich, welche an den Lang-
seiten desselben angebracht sind und die sitzenden Gestalten der zwölf
Apostel enthalten, tragen einen wesentlich verschiedenen Charakter; sie
lassen eine ungleich feinere Handhabung des Messers erkennen, haben aber,
trotz dieser grösseren Sauberkeit, keine Spur mehr von jenem Nachklange
antiker Würde, sondern gänzlich das Gepräge eines barbarischen, unglück-
lich verzwickten Formensinnes, und deuten in dieser Eigenthümlichkeit
auf die frühere Hälfte des elften Jahrhunderts. Ebenso allßh die bei ihnen
angewandten Architekturen. Noch späterer Zeit endlich gehören die er-
wähnten , in Silber getriebenen Darstellungen an, welche sich ebenfalls an
diesem Kasten befinden. Sie enthalten an den vier Ecken der schmaleren
Seiten, und in längeren Streifen über und unter den Elfenbeinplatten der
Langseiten, eine Reihe von Brustbildern heiliger Personen, und in der
Mitte des Deckels die Gestalt Christi, von den Symbolen der Evangelisten
umgeben, letztere Figur in einer würdigen Ausbildung des byzantinischen
Styles. Es erhellt aus diesen Umständen, dass der in Rede stehende Kasten
nicht vor dem zwölften Jahrhundert seine gegenwärtige Gestalt erhalten
haben kann.
2. Der angebliche Reliquienkasten Otto's I. (N0. Wände
und Deckel ganz aus Elfenbein gearbeitet, mit mannigfachen Goldzierra-
ten und zum Theil sehr kostbaren Steinen (unter denen in der Mitte des
oberen Randes ein grosser ovaler Karfunkel) besetzt, der Boden aus einer
silbernen Platte bestehend. Die letztere ist auf ihrer unteren Fläche mit
bildlichen Darstellungen und Inschriften in Niello verziert: in dem grösseren
Mittelfelde die thronende Gestalt des Erlösers, zu dessen Seiten die griechi-
schen Buchstaben A und S2 mit einem kleinen Kreuz überjedem eingegraben
sind, unter dem Bilde Christi ein Altar, zu dessen Seiten, knieend und in
kleinerem Massstabe zwei Frauen in geistlicher Tracht, wie sich aus der
Umschrift ergiebt: die Aebtissin Agnes und die Pröpstin Oderade. Diese
Umschrift, in welcher es hcisst: „'l.'emp0re Agnetis Abbatissae et Oderadis
praepositae facta est haec capsa", bestimmt auch zugleich die Zeit um den
Schluss des zwölften Jahrhunderts als diejenige, in welcher der in Rede
stehende Kasten angefertigt worden ist, und widerlegt die obige, fälschlich
angenommene Meinung. Zu beiden Seiten dieses grösseren Mittelfeldes
sind, in drei Reihen über einander, zwischen Nischen mit kleinen Säulen
die Brustbilder von achtzehn Heiligen angebracht. Aus der Hauptumschrift,
der Platte geht endlich hervor, dass der Kasten Reliquien des h. Servatius,
der Jungfrau Maria und der Heiligen, denen der Ilochaltar der Kirche g(3_
weiht war, enthielt und die Bestimmung hatte, auf den llochaltar gosom