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etc.
Schlosskirche zu Quedlinburg
Indem hiedurch der Kirche "schon ein wesentlich verschiedenes Aus-
sehen gegeben war, bestrebte man sich jedoch, auch den älteren Theilen
derselben einen mit dem Style der neuen Theile harmonireilden Charakter
Zll geben, und man wandte dabei ein Mittel an, welches in der Geschichte
der mittelalterlichen Architektur gewiss als ein höchst seltnes Beispiel er-
scheint. Man umgab nämlich die, wie es scheint, durchweg ganz wohl er-
haltenen Kapitäle und Dcckglieder der Säulen des Schiffes mit einem festen
Stuck, in welchem sodann neue Ornamente, dem Style der Zeit gemäss,
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Kapiläl der Schilfsäulen in seiner späteren Ausstattung.
ausgegraben wurden. S0 stehen noch gegenwärtig einige dieser umge-
wandelten Kapitale in ihrer vollständigen Form, beträchtlich stärker als die
älteren, da; bei den meisten jedoch ist der Stuck gänzlich oder in grösseren
oder geringeren Massen wieder herabgefallen, und sie zeigen nun die alte
Form und das darüber gezogene neue Gewand in friedlicher Ruhe neben-
einander. Die neu-byzantinischen Ornamente der Kapitäle bestehen in
phantastischen Köpfen, mit Blattwerk arabeskenhaft verbunden, in üppig
geschweiften Blattgewinden u. dgL; ebenso sind die Deckgesimse zum Theil
mit zierlich bunten Verzierungen versehen 1). Wie aber dieses technische
1) Wir bedauern sehr, dass wir mit den Resten des Klosters von Ilsen-
bnrg, namentlich den grossartigen Säulenhallen daselbst. vermuthlich Kapitelsaal
und Refektorium, deren Kapitäle ebenfalls von Stuck sein sollen, nicht bekannt
geworden sind_ Hier ist es geschichtlich bestätigt, dass in der zweiten Hälfte
des zwölften Jahrhunderts Refektorium und Dormitorium neugebaut wurden.
(Mittheilung des Hrn. Reg-Direktors Delius. Einiges Nähere über die alten
Klostergebäudevou Ilsexiburg, s. in den vorstehend genannten Lieferungen des
inzwisehenerschienenen Werkes von Puttrich.)