604
Schlosskirche
etc.
Quedlinburg
denen das einfache Kranzgesims aufliegt. Das grosse Fenster, welches in
dieser Nische befindlich ist, und ebenso vermuthlich die unteren Fenster
an den Seitenwänden des Altarraumes (vor dem Querschiff) sind neu oder
wenigstens erweitert.
Ansser dem so eben besprochenen Umbau auf der Wcstscite dieser
Kirche ist sodann noch ein höchst merkwürdiger Einbau im Inneren der-
selben zu erwähnen, welcher ebenfalls noch der Periode eines wenig ent-
wickelten byzantinischen Baustyles angehört. Derselbe besteht aus zwei
kleinen Gemächern, welche die östliche Hälfte des südlichen Seitenschitfes
ausfüllen und ohne Zweifel mit dem an dasselbe anstossenden (noch erhal-
tenen) Flügel der Grnftkirche in Verbindung standen. (Vielleicht sind die
oben besprochenen Säulen dieses Theiles der Gruftkirche aus der Zeit des
in Rede stehenden Einbaues.) Das" erste, der Gruftkirche zunächst gelegene
dieser Gemächer, in welches man von dem Schiff der Kirche aus eintritt,
ist gegenwärtig im Inneren ohne architektonische Ausbildung. Das zweite
dagegen, welches mit diesem durch eine zierlich ausgebildete Thür in Ver-
bindung steht, erscheint als eine eigene kleine Kapelle von reicher Archi-
tektur, doch empfängt sie ihr Licht nur durch ein kleines, rosettenför-
rniges Fensterchen, welches sich nach dem Kreuzgange hin öffnet; sie
scheint somit wiederum zum Behuf einer Gruftkirclte gedient zu haben.
Sie ist von quadratischer Form, mit flachen Nischen an den Wänden,
welche durch Halbsäulen eingeschlossen und durch Ilalbkreisbögen über-
wölbt sind. In den Ecken zwischen diesen Bögen treten kleine Gewölb-
kappen vor, durch deren Vermittelung der obere Raum der Decke eine
achteckige Gestalt gewinnt; ob über diesem Achteck ein Gewölbe oder
eine flache Decke angeordnet war, ist bei dem gegenwärtigen Zustande der
Kapelle nicht mehr zu erkennen. Die Kapitäle der Halbsäulen haben die
Form abgestumpfter Würfel und sind mit einem seltsamen' blätterartigen
Ornament versehen, welches gzanz in dem Style gehalten ist, wie man
dergleichen häufig in den Federzeichnnngen und Malereien byzantinischen
Styles sieht und welches hier wiederum nur als eine sculptirte Zeichnung
(ohne eigentliches Relief) erscheint. Die eine der erwähnten Nischen, dem
Eingangs gegenüber (also an der westlichen Wand), ist etwas vertieft; in
ihr befindet sich eine kolossale Statue, der der Kopf fehlt, in dem Costüm
eines Abtes (ob vielleicht der heil. Cyriacus, der Schutzheilige der Kirchc?).
Die Figur ist in einem leidlich ungeschickten byzantinischen Style gear-
beitet. Im Uebrigen scheint diese Kapelle mit Malerei geschmückt ge
wesen zu sein.
Beide Räume waren an ihren äusseren (nach dem Inneren der Kirche
zugewandten) Wänden reich mit Sculpturen dekorirt. Doch sind sie durch
hölzerne Gestühle u. A.. so sehr verbaut, dass man von dieser Dekoration
nur noch Weniges erkennen kann. Am Deutlichsten und Zusammenhän-
gendsten sieht man einen Theil derselben an dem Aeusseren der westlichen
Wand, im Seitenschifi der Kirche. Hier bildet sich, in der Mitte der
Wand, eine halbrunde Nische, die tlachgedeckt und von reicher Einrah-
rnung umgeben ist. Es ist eine Art steinernes Täfelwerk: gewundene Stäbe,
welche sich zu Cassetten verbinden, die mit Laubzügen und mannigfachen
'l'hierfiguren ausgefüllt sind. Auch sieht man zuoberst einen wunderlichen
lleiligen in diese Arabesken verweht, der etwa nach Art des h. Onuphrius
(d. h. ohne sonderliches Costüm) angethan ist. Alles dies ist nun zwar.
besonders die 'l'hiere und der Heilige, ungemein roh und schwer-fällig aus-