Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

Anhang. 
Benachbarte 
Kirchen. 
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gleichung mit den Bauverhältnissen andrer kirchlicher Gebäude nöthig sei. 
Hier bietet uns nun die nächste Nachbarschaft ein reichliches Material, und 
wenn wir bei den meisten Kirchen der Umsßäßnd 2111611 nicht so detaillirte 
historische Notizen besitzen, wie über die Schicksale der in Rede stehen- 
den Schlosskirche, so werden uns doch die charakteristischen Eigenthüm- 
lichkeiten der bei ihnen angewandten Banstyle und der in diesen stattge- 
habten Veränderungen auf sichere Schlüsse leiten können. Es ist somit 
im Folgenden eine genaue Beschreibung einer Reihe von diesen Gebäuden 
gegeben werden, welche zu dem gegenwärtigen Vorhaben eine günstige 
Gelegenheit darbieten und welche dasselbe um so mehr unterstützen, als 
sie sämmtlich einem nur kleinen Kreise des sächsischen Landes ange- 
hören, somit im Allgemeinen die Gefahr ausschliessen, durch Motive, die 
nicht sowohl verschiedenen Zeitperioden als verschiedenen Localdistrieten 
angehören, auf zweifelhafte Schlüsse geleitet zu werden. Zugleich sind 
diese Gebäude fast ohne Ausnahme bisher so wenig beachtet, dass auch 
aus diesem Grunde eine genauere Darstellung ihrer Eigenthümlichkeiten, 
im weiteren Bezuge zur Geschichte der deutschen Architektur, nicht über- 
llüssig erscheinen dürfte. 
Die Resultate, welche aus der Vergleichung dieser Gebäude hervor- 
gehen, fassen wir bereits hier zusammen, indem wir zur näheren Recht- 
fertigung des Einzelnen auf die einzelnen Beschreibungen verweisen. 
1) Als der alterthümlichste Baurest in diesen Gegenden, soviel uns be- 
kannt, erscheint die Gruftkirche der St. Wipertikirche bei Quedlinburg. 
2) In durchgebildeter Eigenthümlichkeit treten uns sodann zuerst die 
Schlosskirche von Quedlinburg (in den Haupttheilen ihrer Anlage) 
und die Kirche von Wester-Gröningen entgegen. WVollen wir auf die 
oben angeführten Verschiedenheiten zwischen den Säulen der Ober- und 
der Unterkirche zu Quedlinburg ein Gewicht legen und die letzteren als 
die Arbeit schon mehr ausgebildeter Künstler betrachten, so dürfte über- 
haupt die Kirche von XVester-Gröningen etwas älter sein als die von Quedlin- 
burg, und in ihrer ganzen Anlage den Styl zu erkennen geben, dem man 
bei dem Bau des Schiffes der letzteren noch zu folgen für gut fand. Doch 
sind Unterschiede der Art vielleicht zu fein, um sie mit Sicherheit für 
historische Schlussfolgerungen benutzen zu können.  In dieselbe Bau- 
periodc gehört auch die Schlosskirche (St. Cyriacus) zu Gern ro de, über 
deren Alter, nach ihren verschiedenen Theilen, wir weiter unten jedoch 
noch einige besondere Muthmaassungen werden folgen lassen.  In diesen 
drei Gebäuden sehen wir den Basilikenhau, wenn auch nicht ohne mehr 
oder minder reiches Ornament, so doch noch in einfacher Ausbildung, im 
Einzelnen mit namhafter Nachbildung antiker, aber ohne alle Einwirkung 
byzantinischer Formen vor uns.  
3) Eine freiere und bedeutsamere Entfaltung des Basilikcnbaues spricht 
sich in der Kirche von Kloster Hu ys eburg aus. (Entscheidend ist vor- 
nehmlich die reicher gebildete Bogenstellung des Schiffes.) Eine ähnliche 
Anlage in den ältesten Theilen der Klosterkirche von Drübeck; doch ist 
bei letzteren eine gewisse Schlichtheit zu bemerken, welche vielleicht eine 
etwas frühere Zeit andeuten dürfte.  Ungefähr in dieselbe Periode, wie 
die ebengenannten, dürfte auch die Kirche von Frose gehören; bei ihr 
sind zwar die Bogenstellungen des Schiffes noch'in der früheren Weise 
angeordnet, aber der grosse Reichthum ihres architektonischen Details (dem 
es gleichwohl noch an speziell byzantinischen Formen fehlt) deutet ebenso
	        
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