Geschichte
der Schlosskirche.
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wärtigen Beschaffenheit, dasselbe Gebäude ist, welches in der Periode von
997-1021 aufgeführt wurde, so dürfen wir diese Angaben auch vielleicht
mit der roheren Erscheinung der Säulen im Schiff der Oberkirche in Ver-
bindung setzen. Denn wenn diese einige Zeit früher, als die der Unter-
kirche, gefertigt wurden, so 1st es leicht denkbar, dass bei, den letzteren
schon mehr geübte Künstler angewandt werden konnten. (Dies Verhältniss
ist iudess nicht so sehr für die Verschiedenheit des Ornamentes in den
Kapitälen, als für die mehr entscheidenden Unterschiede der Formation der
Säulenbasen in Anspruch zu nehmen.) Die im J. 1021 angeführte Ein-
weihung durfte sich somit vorzugsweise auf einen Umbau der älteren Kirche,
d. h. auf die Unterkirche in ihrer gegenwärtigen Gestalt sammt dem
Oberbau, welcher ihrem Style vor der Ausführung des gothischen Chores
entsprechend gewesen sein muss, somit auf die Vollendung des ge-
sammten Neubaues beziehen.
Im J. 1070 wurde das neue Kirchengebäude durch einen grossen Brand
verdorben. Es ist schon oben beklagt worden, dass die Nachricht, welche
wir über dieses Unglück besitzen, nur in allgemeinen Ausdrücken abgefasst
ist; es ist möglich oder vielmehr wahrscheinlich, vorausgesetzt, dass
der in Rede stehende Bau massiv aufgeführt war (vergl. unten), dass
nur das Holzwerk verbrannt und das Mauerwerk nicht eben in dem Maassc
zerstört worden war, dass sofort ein zweiter vollständiger Neubau eintreten
musste. Auch wissen wir, dass beträchtliche Zeit vor der folgenden Ein-
weihung im J. 1129, bereits im J. 1105, Kaiser Lothar das Osterfest in
Quedlinburg zu feiern im Stande war so dass es doch nicht gänzlich an
den kirchlichen Einrichtungen fehlen konnte. Halten wir hiemit nun die
Zeugnisse zusammen, welche uns an dem Gebäude selbst eine im früheren
Mittelalter vorgenommene Restauration desselben erkennen lassen, so dür-
fen wir leicht geneigt sein, diese mit den durch jenen Brand etwa hervor-
gebrachten Beschädigungen zusammenzustellen. Wir sahen in der Unter-
kirche einen Pfeilerbau eingefügt, welcher im angewandten Material, wie
in der Technik, die Spuren einer grossen Eilfertigkeit trägt; vielleicht war
die Unterkirche bis auf diese Stelle in der Durchschncidung des Kreuzes,
wo herabgestürztes Gebälk die Gewölbe durchbrochen haben mag, unbe-
schädigt geblieben und man beeilte sich nun, sie zunächst für die einst-
weilige Ausübung der gottesdienstlichen Gebräuche, so gut es ging, wieder-
herzustellen. Dann ist es, soweit wir aus den vorhandenen alten Theilen
der Kirche schliessen können, vornehmlich die nördliche Seite der Kirche
(die Wand des nördlichen Seitenschiifes und die Nische des nördlichen
Kreuztlügels), welche die Spuren bedeutender Restaurationen zeigt; und
auch hier, wo die Stiftsgebäude der Kirche zunächst standen, während die
südliche Seite der letzteren sich unmittelbar über dem Felsabhango erhebt,
liegt es nahe, eine grössere Beschädigung durch Feuersgefahr vorauszusetzen.
Vielleichtgehört in diese Zeit auch das in seinem Aeusseren so schmuck-
lose Thurmgebäude; sehr wahrscheinlich ferner (wie sich aus den Eigen-
thümlichkeiten ihres Styles ergiebt und später bestätigt werden wird) die
im nördlichen Kreuzflügel eingebaute und von dem Gewölbe der Gruftkirche
getragene Kapelle des Zitters.
Das Dachwerk der Kirche musste natürlich, nie schon bemerkt, durch
Saxo
1105.
VergL
Erath,
dipl.
Cod.
Quedl.
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113.