Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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zu Quedlinburg etc. 
Schlosskirche 
(sie) sein und seiner Hausfrau Bild noch zu sehen ist." Dieser Bernhard 
v. B. hat aber den Altar vor 1331 geweihti), also um dieselbe Zeit, wo 
Jllttc lebte, jenes Fenster machen lassen. Jetzt ist das bunte Fenster Sammt 
den Bildern verschwunden und das Ganze zugernauert. 
Dies sind die bedeutendsten Veränderungen, welche sich im Laufe der 
Zeit mit dem Kirchengebäude zugetragen und ihm im Ganzen und Grossen 
seine jetzige Gestalt verliehen haben. Unbedeutendere Veränderungen 
werden späterhin erwähnt werden. Als ein glücklicher Umstand muss es 
erscheinen, z. Th. als eine Folge der Wichtigkeit des Quedlinburgischen 
Stifts, dass von den für das Ganze des Gebäudes einflussreichen Bauten 
keiner uns entgangen zu sein scheint, so dass dadurch für die Beant- 
wortung der Frage, in welcher Zeit die jetzigen Theile der Kirche entstan- 
den sind, eine sichere Grundlage gewonnen wird.  
Die Unterkirche führt im Munde des Volkes den Namen des "alten 
Münsters" und wird als ein selbständiges Gebäude, als die ursprüngliche, 
von König Heinrich I. erbaute Kirche bezeichnet. Diese Meinung, die man 
zunächst, wie so häufig die lokalen Traditionen, als ein Mährchen späterer 
Zeit zu verwerfen geneigt sein dürfte, erhält scheinbar eine gewichtige Be- 
stätigung durch alte, von den Aebtissinnen ausgegangene Urkunden des 
Stifts. Denn das "alte Münster" wird in Urkunden von den Jahren 1314, 
1386, 1395 und 1427, das „neue Münster" im Jahr 1458, beide zusammen 
im Jahr 1439 unter diesem Namen aufgeführt 2). Diese Bezeichnungsweise 
geht ohne Zweifel noch in ein höheres Alterthum zurück und wird dadurch 
vornehmlich bestätigt, dass die Kirche, abgesondert, wie wir aus dem vor- 
handenen Calendarium ersehen, ein Fest der Einweihung des alten Münsters 
am 29. December, und des neuen am 4. Juni feierte 3). Die letzte Angabe 
führt uns zugleich auf einen bestimmten Zeitpunkt, da der vierte Juni der 
Tag ist, auf welchen im Jahr 1129 der dritte Pfingsttag fiel, derselbe, an 
welchem König Lothar, wie wir sahen, die Kirche in seiner Gegenwart 
weihen liess. Der 29ste December aber weist in_der That auf die früheste 
Gründung der Kirche zurück, indem sowohl die Weihung vom Jahr 1021, 
als die vom Jahr 997 an einem anderen, bestimmt angegebenen Tage Statt 
gefunden hatte. 
Dass indess die Unterkirche, in ihrer gegenwärtigen Beschaffenheit, 
gleichwohl kein selbständiges Gebäude und somit auch nicht die erste, an 
dieser Stelle gegründete Kirche sein könne, ergiebt sich auf den ersten Blick 
aus ihrer Anlage und Construction. Indem sie nämlich vollständig dem 
Chor und Querschiff der Oberkirche nach deren ursprünglicher Anlage ent- 
spricht, gewinnt ihr Grundplan eine Gestalt, welche, für ein selbständiges 
Gebäude, auf keine Weise den Regeln des mittelalterlichen Kirchenbaues 
angemessen sein würde, überhaupt auch in sich keine harmonische Abge- 
1) S. Erath S. 442. N. CLXXVI. 
2) S. Erath, p. 372, n. 83;'p. 614, 
9.739, n. 152. 
3) Calend. bei Erath, p. 910 u. 913. 
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