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Schlosskirche zu Quedlinburg
in einem Aktenstück1) der Sulperintendentur zu Quedlinburg findet und
eine vollständige Mittheilung verdient. Dort heisst es unter der Ueber-
schritt: "Nachricht vom Grabe und Sarge des Kaisers Henrici Aucupis."
„Den 14. April 1756 wurde auf Befehl Ihrer Königlichen Hoh. der Hoch-
Würdigst. Durchl. Fürstin Abbatissin und Frauen, Frauen Anna Amalia das
Grab des Höchstgedachten Kaisers vor dem Altar S. Petri im grossen Mün-
ster geöffnet, dessen Sarg zu besehen, dasselbige aber nicht gefunden, ob-
gleich die Erde 6 Fuss tief ausgegraben; nur ein Stück von einer Bohle,
ohngefähr von dieser Form D, das 3 Zoll dick, 15 Zoll lang und 12
Zoll breit war. WVeil nun neben dem Orte, wo solcher Sarg nach An-
zeige D. Kettners in seiner Quedlinburgischen Kirchen- und Reformations-
Historie stehen sollte, zur rechten Seite gegen obgedachten Altar der stei-
nerne Sarg der Gemahlin des Höchstgedachten Kaisers gar bald ohngefähr
2 Fuss tief unter der Erde gefunden wurde mit dieser Aufschrift „ll Jdus
Mar. obiit Regina Mathildis, quae et hic requiescit, cuius anima obtineat
aeternam requiem" ohne beigefügte Jahreszahl, der Deckel dcsselbigen aber
verschoben und unterwärts gegen den Altar 1 Fuss lang vom Ende abge-
brochen, so wurde daraus geschlossen, dass der Sarg des Kaisers allbereits
müsste aufgegraben, als ein hölzerner und verfaulter gefunden und die an-
getrotfeneu Reliquien vom Körper des Kaisers in den steinernen Sarg seiner
Gemahlin gelegt sein; zumal da der Stein E, welcher sein Grab bedeckt,
bei a abgebrochen und wiederum in Kalk gesetzt war, auch von demselbigen
in der sogenannten Zitter bei der Sacristei nur allein sein Kamm noch
vorhanden, welcher ihm vermuthlich nach altem Gebrauch in seinem Sarge
beigelegt und nachmals in seinem Grabe gefunden, als man dasselbige ge-
öllnet hat, zu seinem Angedenken aber daselbst verwahrlich aufbehalten
worden. Als der Deckel vom steinernen Sarge der Kaiserin Mathildis in
Gegenwart höohstgedachter Königlicher Hoheit, des Durchlauchtigen Herzogs
Carl von Braunschweig und vieler andern hohen Standespersonen aufge-
hoben und hinweggenommen wurde, befand man es auch also und noch
zweierlei Gattung von Beinknochen nicht untcrwärts, sondern vielmehr
oberwärts liegend, dagegen unterwärts einige ganz dünne und schwarze
Ribben. Der Deckel wurde hierauf auf das Untertheil des Sarges gerade
wieder aufgesetzt, mit Erde bedecket, und die Steine, welche beide Gräber
vorher bedeckt, wieder darauf gelegt, davon das oberste über dem Grabe
des Kaisers halb zerbrochen und mit Gipskalk wieder ausgegossen, in Holz
eingefasst. Weil das Untertheil des Deckels von gedachtem steinern Sarge,
davon der Obertheil abgebrochen gefunden, unter dem Pfeiler des Gewölbes
befindlich, darüber auf dem hohen Chor der grosse Altar steht, so ist
daraus zu schliessen, dass das grosse Münster nach dem Tode höchstge-
dachter Kaiserin müsse gebaut sein. Zur nöthigen und nützlichen Nachricht
hat dieses allhier niedergeschrieben J. W. Quenstedt, h. t. Subsenior et
Aedilis."
Niemand wird anstehn, diese einige von der Hauptsache Illlab"
hängige Behauptungen ausgenommen durchaus nichts Unwahrscheinlißhßs
enthaltende und von einem Augenzeugen ausgehende, schriftlich illflßn
Akten niedergelegte Erzählung für wahrhaft zu halten, und der Nachricht,
4) Es führt den Titel: „Calendarium Gollogii Canonicorum." Die Nachricht
steht S. 341.