Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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Schlosskirche zu Quedlinburg etc. 
vor den Uebrigen ausgezeichnet hatte, wollte, eingedenk Seines Adels und 
seines tadelfreien frühern Lebens, die Schmach der Gefangenschaft nicht 
dulden und starb, durch eine Lanze getroffen, im Kampf der Verzweiflung 
mit seinen Verfolgern. Alle übrigen wurden gefangen und dafanf getödtet. 
Otto war gerettet und kehrte später vielleicht eben darum gern an dem- 
selben Feste nach Quedlinburg zurück, um Gott für seine Erhaltung zu danken. 
Auch andre Feste wurden in dieser Kirche von den Königen begangen, 
so oft sich diese mit den Fürsten zur Schlichtung weltlicher Händel hier 
versammelten 1). 
Doch auch darin zeigte sich die Zuneigung und Verehrung der Glieder der 
Familie, dass sie die Kirche nach der Sitte damaliger Zeit durch Reliquien 
zu schmücken ernstlich bemüht waren. Dafür spricht schon die Sage, wie 
die Ueberreste des heiligen Servatius auf Mathildens Begehren aus dem 
ehemaligen Bischofssitze des Heiligen in den Niederlanden geraubt und 
drei Jahre später von den früheren Besitzern in der Stille der Nacht den 
Sachsen entrissen und zu den alten Verehrern zurückgeführt worden seien z). 
Sicherer ist eine andere Nachricht, nach welcher Heinrich die Hand des 
heiligen Dionysius, welche er vom entsetzten König Carl von Frankreich 
im Jahr 923 empfing, nach Quedlinburg gebracht haben soll-i). Sie ist uns 
um so interessanter, weil sie darauf zu führen scheint, dass Heinrich schon 
in jener Zeit die Absicht gehabt habe, eine Kirche in Quedlinburg anzu- 
legen. Später übersandte Otto im Jahr 96? der Kirche die Reliquien der 
Märtyrer Fabianus, Eustachius, Pantaleo. Hippolytus, Eugeus, Valens und 
den Körper der Jungfrau Laurentia4); darauf im Jahre 964 den Körper der 
heiligen Jungfrau Stephanas). Auf diese Weise entstand der Kirche ein 
grosser Reichthum, der ihre Altäre schmückte, viele Anbeter der Heiligen 
hier versammelte und zum Theil noch vorhanden ist. 
Hieran knüpft sich die Frage, welchem Heiligen vorzugsweise der 
Hochaltar und mit ihm die Kirche und das Stift selbst geweiht war. Mit 
Unrecht nämlich hat sich die Meinung verbreitet, als sei es Petrus allein 
gewesen, dem Heinrich die erste Kirche zum Schutze übergeben, und Ser- 
vatius habe erst später nach der Vergrösserung des Gebäudes den Rang 
eines ersten Patrones des Stiftes empfangen. Es gründet sich diese Ansicht 
wahrscheinlich auf die Angaben der Schriftsteller, dass Heinrich vor dem 
Altare des Petrus beerdigt sei, worin wirklich alle ohne Ausnahme über- 
einstimmen"). Allein daraus darf nicht gefolgert werden, dass Petrus 
allein, nicht einmal dass er vornehmlich Schutzpatron gewesen. Gehen 
wir nämlich die Urkunden und urkundlichen Nachrichten der Schriftsteller 
des ersten Jahrhunderts der Kirche durch, so erfahren wir, dass gleich 
Anfangs Servatius und mit ihm viele andere Heilige die Kirche in ihren 
1) Da die Chronisten genau anzugeben pflegen, wo die Kaiser die Feste feier- 
ten, so können wir hier im Allgemeinen auf sie verweisen. 
2) Brower Annall. 'l'revir. T. I, p. 469. Hoenschen. de Servat. Episeopv 
ed. 1686, bei Kettn. Antiqq. Quedlinburgg. p. 77 seq. 
3) Chronogr. et Anna]. Saxo ad a. 925. cfr. Wittek. Corb. p. 638. Ditm- 
Merseb. I, p. 15. Kettner, Quedlinb. Kirchen- und Reformationshistorie S. 91 
u. 99. Waitz, Heinrich I. S. 60.  
4) Anna]. et Chronogr. Saxo ad a. 962. 
5) Dieselben ad a. 964. 
6) Annal. u. -Chronogr. Saxo ad a. 936. Wittek. Corb. I, p. 641. Ghron. 
Halberst. II, p. 114. Leibn.
	        
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