Bilderhandsclnriften des
Mittelalters.
In Bezug auf das Reiten bemerken wir nur, dass der Sattel mit den
hohen Lehnen mit zwei Gurten um den Leib des Pferdes befestigt ist.
Neben dem auf dem Throne sitzenden König steht in der Regel der
Schwertträger, der das Riehtschwert, aufwärts gerichtet, aber in der Scheide
mit um dieselbe gewundener Koppel im Arme hält. Oder der König selbst
hat das Schwert, nach Art des Richters, quer auf dem Schoosse liegen
Alte Männer gehen mit Stöcken, welche einen sehr grossen runden
Knopf haben, oder mit Krückstöcken.
Von den Hirten bei der Anbetung trägt einer einen Pelz nach Art einer
Casula; er hat Horn und Schaufel. I"
Die Frauen tragen in der Regel ein Untergewand mit engen Aermeln
und darüber ein Obergewand mit weiten und lang herabhängenden Aermeln,
welches entweder kürzer ist als jenes, und dann in der Regel mit reichen
Borten besetzt, oder lang naehsehleppt und beim Gehen vorn ein wenig
aufgehoben wird. Das Gewand ist enger anschliessend, so dass in der Re-
gel der Gurt sichtbar ist. Die Frauen tragen einen Mantel, der ganz dem
oben beschriebenen gleicht. Die Jungfrauen haben lang herabhängendes
Haar, den Kopf zuweilen mit einem Miitzehen bedeckt. Die Weiber haben
einen Schleier, unter dem bei Festlichkeiten, wie es scheint, auch hie; das
Haar niederhängt. Maria hat ausser dem Schleier noch eine Art geistlicher
Casula.
Das Christkind in der Krippe ist eng in Windeln eingewickelt.
Was an häuslichen und andern Geräthschaften, Sessel mit dem
darauf liegenden Polster, Fussbänke, Schreibepulte, Bücher, Leuchter
u. s. w. vorkommt, entspricht ganz den im Hortus delieiarum dargestell-
ten. Auf dem Bette liegt man, wie dort, in einer Tunika, mit dem Mantel
bedeckt.
Auch die Architekturen tragen ganz das Gepräge jener Zeit: rund-
bogige Gewölbe, rundbogige Fenster, runde Kuppeldäeher und Säulen mit
abgerundeten Knäufen, welche eine schwere Blätterverzieruug haben. Eben
so spricht sich, im Text, in dem eigenthümlieh dicken und schweren Ran-
ken- und Blätter-Ornament der gemalten Buchstaben, womit die drei vor-
schiedenen Bücher beginnen, derselbe Styl, welcher den leichteren Formen
des an den Spitzbogellslyl sich anschließenden Ornaments vorangeht, aus.
Indem "die Perspektive meist noch sehr mangelhaft ist oder vielmehr
fehlt und die Lflndschaft F"! angedeutet Wird, etwa durch einen Baum, so
zeigt sich eben 111 den Zelchnflngßn der Bäume nicht, wie im Hortus deli-
eiarnm, eine leichte abeT unsichere Nachahmung freier Natur-formen, son-
dern einebestinuntßi Onlamelltartige Ausführung; ein Umstand, der unsere
Aufmerksamkeit in AnsPTuCh nehmen dürfte.
Die Nacht wird zweimal durch einen halben silbernen oder goldenen
Ring bezeichnet, in welchem das erste Mal Mond und Stern, das zweite
Mal Sechs Sterne dargestellt sind. So wird im Sachsenspiegel ein be-
stimmte)" Zeitraum _dnrch die angegebene Zahl, welche von einfachem oder
doppelten Kreise eingeschlossen ist, vorgestellt 2).
Die Sonne wird_bei der Begebenheit, da sich bei Christi Geburt ein
goldener Ring um dieselbe zeigt, als strahlendes Haupt eines Jünglings
dargestellt i), jenen Personiticationen von Sonne und Mond bei Vorstellungen
Kopp, Bilder und Schriften der Vorzeit. I,
3) VergLdas oben, S. 32, mitgetheilte Bild.