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Berichte und Kritiken.
Im Leben des Lorenzo Ghiberti findet sich, neben manchen andern
wichtigen Notizen, eine ausführliche Bemerkung über dessen oft genannten
„Trattato (Zi Scultura et Pittura", in der wir zum ersten Mal, mit den
Worten des Dr. Gaye, über diejenigen Theile desselben, die nicht kunst-
geschichtlichen Inhalts sind, unterrichtet werden. Der kunstgeschichtlichc
Theil des Traktats ist bekanntlich bei Cieognara abgedruckt, der Eingang
(der bei letzterem fehlt) durch-Hrn. v. Rumohr nachgeliefert: einige von
Cicognara ausgelassene Worte und Zeilen , die für den Inhalt nicht un-
wichtig sind, werden in der genannten Anmerkung ebenfalls noch mitge-
theilt, so dass wir jenen interessanten ersten kunsthistorischen Versuch
jetzt in seiner ganzen Integrität besitzen.
Für die Biographie des Piero della Francesca haben die Anmer-
kungen einer besondren, im Jahr 1835 veranstalteten Herausgabe derselben
von Gh. Dragromanni, sowie von Hrn. Gaye gelieferte Notizen, mehr-
fache wünschenswverthe Bereicherung dargeboten. Bei Gelegenheit des in
derselben Biographie erwähnten Bramantino erfolgen belehrende Zusam-
menstellungen über diesen Künstler und den von ihm schwer zu unterschei-
denden Bartolomrneo Suardi (der von ihm nach Lanzfs Ansieht nicht
unterschieden ist), sowie über einige ihrer wichtigsten Werke. Die, als
Arbeiten des Bramante namhaft gemachten Fresken in der Karthause bei
Pavia werden u. a. vom Herausgeber, in Rücksicht auf ihren Styl, dem
Bart. Suardi zugeschrieben. (Der Herausgeber citirt hiebei mein Handbuch
der Geschichte der Malerei, wo ich diese Werke unter Bramante angeführt
hatte. Gern folge ich der besser begründeten Annahme; möge es mir hie-
bei aber auch gestattet sein, den sehr lebhaften und gewiss von Vielen
getheilten Wunsch auszusprechen, dass Kunstforscher, denen einige Musse
in Italien verstattet ist, endlich einmal die so eigcnthümlich interessanten
lombardischen Schulen und nicht blos die der Malereih- einer gründlichen
Forschung unterziehen mögen!)
Auch bei Fiesole fehlt es wiederum nicht an mannigfach belehrenden
Zugaben, namentlich nicht an dem Nachweis verschiedener, von Vasari
nicht namhaft gemachter Werke seiner Hand. Bei Gelegenheit der Chor-
bücher, die Fiesole für das Kloster S. Marco zu Florenz mit Miniaturen
ausgemalt, bemerkt der Herausgeber, dass gegenwärtig noch einige daselbst
vorhanden seien. Als ich mich jedoch vor zwei Jahren bei Fra Sera-
fino, der den neueren Besuchern von S. Marco als ein sinnigcr Verehrer
Fiesole's und als ein eifriger Nachahmer seiner künstlerischen Darstellun-
gen wohl in der Erinnerung sein wird, der also ohne Zweifel die beste
Kunde von diesen Dingen haben muss, nach den genannten Chorbüchern
erkundigte, sagte er mir, dass das Kloster nichts mehr von ihnen besässe
und dass diejenigen, die man gewöhnlich als solche bezeichne, nicht von
ihm herrühren könnten. In der That haben die Malereien der letzteren,
obgleich imtAllgemeinen dem Style Fiesole's verwandt, bestimmt nicht das
Gepräge jener zarten Innigkeit, die bei seinen Arbeiten so unwiderstehlich
den Adel und Anmuth, wenn auch in der That abweichend von dem des Luca
della Robbia; ich möchte denselben nicht geradezu dem Donatello, mehr 116D
Malereien des Sandro Botticelli (doch nur wo diese in ihren edelsten FOIIIIMI
erscheinen) vergleichen. Dies gilt sowohl von den grösseren Arbeiten im Giebel
und in dem Halbrund, als vornehmlich von den kleineren, dem Auge näheren,
die sich an den Thürgewänden beünden; bei ungemein leisem Relief ist hier die
grösste Zartheit eines leicht bewegten Faltenwurfes meisterlich durchgeführt-