Evangelist Johannes etc.
Von
Albrecht Dürer.
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meiigehöriges Werk aus (ohne Zweifel JGÖOCh so, dass sie an deni Orte
ihrer nrsprüngiieken Bestimmung, dem Rathhaussaale zu Nürnberg, irgend
einen bedeutsamen Gegenstand zwischen sich einschlossen); se sind ihre
Nachbildungen, obgleich auf zwei Platten gearbeitet, denn auch hier auf
einem Blatte zusammen gedruckt. Pie Grosse der Originale 6 Fuss
Höhe zu 2 Fnss 4 Zoll 6 Linien Breite ist in den Kupferstichen auf
das sehi- bedeutende Maas von mehr als 17 Zoll Höhe zu 71], Zoll Breite
reducirt. Die ganze Arbeit und Behandlungsweise des Kupferstiches ist in
diesen Blättern durchaus rühmlich anzuerkennen; es herrscht darin eine
gi-esse, freie Manier, die dem Massenhaften der Original-Darstellung, na-
rnenmch jenen weiten grossartigen (itewandern, auf eine vorzügliche Weise
entspricht Der Gang, Schwung und die Lage der Taillen sind mit glücklicher
Einsicht angeordnet und durchgeführt; sie folgen den Biegungen der Formen,
ohne dabei jedoch irgendwie an jene kleinliche Aengstlichkeit der älteren
Stichmanier zu erinnern; ebenso ist aber auch aller blendende Glanz der
Modernen vermieden und statt dessen vielmehr durchweg der stoffliche
Charakter des Gegenstandes und die Nüancirung seiner Farbe meisterhaft
wiedergegeben. Gilt dies, wie bemerkt, Zunächst von den Gewändern,
welche die Haupttheile der beiden Blätter ausmachen und deren grandiose
Anordnung den ersten bedeutenden Eindruck auf. den Beschauer hervor-
bringt, so ist es nicht minder in Rücksicht auf die nackten Körpertheile,
besonders auf die Köpfe der Fall, in denen ebensosehr der allgemeine
Charakter des Nackten, als die eigenthümliche, etwas strengere Weise, in
welcher Dürer dasselbe zu behandeln liebte, ersichtlich wird. Alles (lies
konnte aber nur durch ein wahrhaftes inneres Verständniss der Originale
hervorgebracht werden, und dass ein solches bei der ganzen Arbeit zu
Grunde lag und dieselbe vollkommen durchdringt, macht eben ihren
Hauptvorzug aus. Dic besondere Charakteristik jener vier Köpfe, in denen
sich die nach den vier Teinperamentcn abgestuften Eigenthümlichkeiten
der menschlichen Natur und zwar in ihrem besonderen Bezuge zu dem
Dienste des heiligen Wortes, das die Gestalten in den Händen tragen,
ausspricht; die Bewegung in der Ruhe, die Gesammtanordnung, welche das
feierlich Gemessene und Statuarische in den Gestalten nicht als ein Ge-
suchtes, sondern als ein Ergebniss des unmittelbaren Momentes erscheinen
lässt, welche die grossartig gezogenen Linien der Gewandung doch zu-
gleich mit einem leisen Spielen in den Ecken und Brüchen, auf die ein-
zelne, vorübergehende Lage und Stellung der Körpertheile zurückdeutend,
verbindet, alles diess tritt hier dem Beschauer in derselben lebhaft em-
pfundenen, durchgedachten und durchgeführten Weise, wie in den Origi-
nalen entgegen, Ein leichter ornanientirter Rand ist Jedem der beiden
Bilder zugefügt, Unterwärts sind die Schriftstellen angedeutete welche zur
Erklärung der Gestalten dienen. (Ob aber bei der ersten Epistel Johan-
nis, weiche nur 5 Capitel hat, vielleicht durch ein versehen das 12te Ca-
pitel angezeichiiet ist?) Dazwischen MßdälllOllS, die auf der einen Seite
das Brnstbild Dürer's, auf der andern das Wappen von Nürnberg dar-
stellen.