Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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linien der Composition in einer überaus edlen, freien und lauteren Weise 
geführt.  Abgüsse der antiken Theile der Gruppe sind auch der schönen 
Sammhlng von Gypg-AbgüSSell, welche die Kunst-Akademie zu Berlin be- 
sitzt, einverleibt worden.  
Ausser diesem ist das leztgenannte Institut in neuester Zeit noch in 
mannigfaeh sehätzenswerther Weise durch Abgüsse bereichert werden 
Ausgel- dem schönsten Beispiele archaistrscher Sculptur, der herkulanischen 
Diana im Museum von Neapel, ausser dem Abgusse eines äusserst leben- 
vollen bronzenen Portraitkopfes (vor _einigen Jahren auf der Rhede von 
Palermo gefunden), der sich ebendaselbst befindet, und andern Gegenstän- 
den, ist hier vornehmlich der Abguss eines kleinen Bronze-Gefasses anzu- 
führen, welches vor etwa  Jahren in der Gegend von Bonn gefunden 
wurde und im dortigen Museum aufbewahrt wird,  unbedenklich eines 
der anziehendsten und schönsten Werke, die uns aus dem Alterthum er- 
halten sind. Es ist ein Trinkbecher, ohne den neu angefügten Fuss etwa 
53], Zoll hoch, in der Mitte mit höchst zart gearbeiteten Reliefs umgeben, 
deren Fläche eine Höhe von 3718 Zoll hat. Die Reliefs zerfallen in zwei 
gesonderte Darstellungen. Auf der einen Seite sieht man erneweiblrche 
Gestalt, welche, scheinbar schlafend, am Boden liegt, indem Sie slch auf 
den rechten Arm gestüzt hat und den linken Arm über den Körper hinab- 
streckt. Nur der Untertheil ihres Körpers ist mit einem Gewande bedeckt; 
sie wendet dem Beschauer den reizendsten Rücken zu, dessen sanfte Linien 
durch ein breites Gürtelband, sowie die Linien des linken Armes durch 
eine Spange, in anmuthigem Spiele unterbrochen werden. Ueber ihr, zu 
ihr herabschwebend, ist eine männliche Gestalt, behelmt, den Schild an der 
vor-gestreckten Linken, in der Rechten eine Art Wurfpfeil oder Lanze, und 
nur mit einem Mantel bekleidet, welcher beim Niederschweben in schönen 
leichten Falten zurück und empor getrieben wird. Der nackte Körper ist 
ebenfalls in den schönsten Verhältnissen gebildet und entwickelt sich in an- 
muthvollster Weise. Ihm gegenüber schwebt ein Amor, welcher eine Fackel 
schwingt. Ohne Zweifel sehen wir hierin den Mars dargestellt, welcher 
sich zu Rhea Silvia niedersenkt.  Von nicht geringerer Vollendung ist 
die Darstellung der andern Seite, in deren spezieller Erklärung wir jedoch 
den Archäologen nicht vergreifen wollen. Es ist eine Kampfscene. Man 
erblickt Herkules, ganz in seiner eigenthümlichen Körperbildung, welcher 
vorschreitend mit der linken Hand das Löwenfell wie einen Schild vor 
sich hinstreckt, indem er mit der Rechten die Keule schlagfertig erhebt. 
Ihm gegenüber, hastig anstürmend, ist ein Krieger, behelmt, aber nackt 
und mit flatterndem Mantel, das Schwert im Gehänge auf der linken Seite 
tragend, mit der Rechten den Wurfspeer erhoben, die Linke mit dem 
Schilde ebenfalls vorgestreckt. Die Aussenseite des Schildes ist dem Be- 
schauer zugewandt und zeigt das Bild der römischen Wölfin mit den bei- 
den säugenden Zwillingen. Zwischen den beiden Kämpfern gewahrt man 
noch einen andern Krieger, welcher niedergestürzt ist und, indem er sich 
auf den rechten Arm stützt, dem Beschauer den Rücken zuwendet.
	        
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