Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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Berichte 
Kritiken. 
und 
Weise der vorhandenen Bautheile in genügende Verbindung bringen lasse. 
und eine Abänderung der ursprünglichen Anlage, die schon während des 
Baues selbst vorgefallen sein dürfte, vermuthet. Hr. Lucanus schreibt dar- 
über: QJie beiden Schenkel dieses Bogens (des Hauptbogens am Portale) 
treten deutlich so hervor, dass sie augenscheinlich den Kappen des Gewölbes 
als Sohle gedient haben, überdem ist dicht über dem Bogen noch eine 
correspondirende Vertiefung im Mauerwerk, wo die Kappen des Gewölbes 
eingefugt gewesen sind." 
Sodann hatte ich der Meinung des Hrn. Dr. L. widersprochen, dass 
das Portal des nördlichen Kreuzgiebels mit dem Hauptportale gleichzeitig 
sei. "Dennoch (erwidert Hr. Dr. L.) möchte ich es behaupten, wenn ich 
es auch um lO-20 Jahre jünger setzen will. Die Bogenconstruktion beider 
Portale ist durchaus in demselben Winkel, alles Uebrigc ist weit spitz- 
bogiger, in den Einfassungen beider spielt die ziemlich freiliegende Wulst, 
ein besonderes Kennzeichen des zwölften Jahrhunderts, eine Hauptrolle, 
die in den Thürmchen sitzenden Heiligen sind noch nicht gothisch, wenn 
auch die Pfeilerpaare an den Thürpfosten und das Hautrelief gothisch sind. 
Der übrige Theil des nördlichen Giebels, ja die Eckstreben sind allerdings 
rein gothisch und neuer, was schon die andre Farbe des Steins, die Technik 
und der Charakter der Ornamente deutlich zeigt. Haben auch die Auf- 
sätze und Spitzen des nördlichen und südlichen Giebels Aehnlichkeit, so 
bleibt dennoch das Portal selbst (d. h. nur dieses) dem Hauptportale am 
nächsten verwandt und folgt zuverlässig der Zeit nach zunächst auf dieses." 
 Ich muss diese Angaben dahingestellt sein lassen, da leider die von 
Hrn Dr. L. gelieferten Abbildungen in diese besonderen Verhältnisse (wie 
auch derer des vorigen Punktes) nicht eingehen und ich mich auf mein 
blosses Gedächtniss, welches mir allerdings hier ein vollkommen gothisches 
und im Vorigen ein noch halb byzantinisches Portal mit Gewissheit dar- 
stellt, nicht berufen darf. 
In Bezug auf den Bischofsstuhl bemerkt Hr.Dr.Lucanns, dass die 
Jahrzahl 1510 nur an den Statuen desselben enthalten sei, und diese den 
Charakter einer später-n Arbeit trügen, als der Stuhl selbst. 
Noch ist jedoch ein, für die Architekturverhältnisse des deutschen 
Mittelalters nicht uninteressanter Punkt der Schrift des Hrn. Dr, Lucanus 
in nähere Erwägung zu ziehen. Es heisst daselbst nehmlich:  "Einem 
Vertrage zwischen dem Domkapitel und dem Bischof Albert II. von 1345 
(wohl ein Druckfehler, statt: 1354) zufolge, erlaubte dieser den Abbruch 
der an der Nordseite des Domes befindlichen St. Lüders Capelle mit dem 
Bemerken, dass die Steine derselben zum Fundamente  völmate  des 
Chores verwendet werden sollten."  Da eine solche genaue Angabe von 
besonderer Wichtigkeit ist, mir jedoch die mitgetheilte Uebersetzung des 
entscheidenden Wortes völmate (oder vielmehr, wie aus Folgendem erhellt: 
vdlmate) nicht frei von Bedenken schien, so verlangte mich nach einer 
näheren Kenntniss der in Rede stehenden Urkunde. Hr. Professor Wiggert 
zu Magdeburg hatte die Güte, mir dieselbe nach dem, in dem K. Provinzial- 
Archiv zu Magdeburg vorhandenen Original abschriftlich mitzutheilen; ich 
lasse sie hier zuvörderst, als ein seltenes Beispiel urkundlicher Bestim- 
mungen über einzelne Bautheile, folgen: 
„We Borchard van der gnade goddis deken. unde dat capittel ghe- 
meyne. des Godeshuses to HalbeF. bekennet opeliken in disme breue. unde
	        
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