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Kritiken.
und
Berichte
angehörig sind die Miniaturen eines zweiten Psalters (N0. 5, T. XII,
XIII, XIV). Die Randverzierungen, auch die Ornamente des Grundes der
Bilder, scheinen hier mehr auf französische als deutsche Arbeit hinzu-
deuten. Die Abbildungen lassen in den einzelnen Gestalten bereits, bei
der mannigfachen Befangenheit im Style jener Zeit, den Hauch einer
eigenthümlichen Grazie und Anmuth erkennen, der sich vornehmlich in
dem Bilde der heiligen Margaretha auf dem Drachen (T. XIII) zu dem
Ausdruck einer zarten Innigkeit und Hoheit gestaltet.
Endlich ein Pontificale aus dem 14. Jahrhundert (N0. 12, T. VIII
und IX), in dessen Anfangsbuchstaben jedesmal eine Scene der kirchlichen
Ceremonien dargestellt ist. In den Abbildungen auf T. VIII sieht man die
gemüthlichen Darstellungen der Ehe und der Coniirmation; auf T. IX
mehrere Beispiele der Randverzierungen, reichgeschwungenes Blätterwerk,
welches auf anmuthige Weise von menschlichen und thierischen Gestalten
belebt ist.
Der Dom zu Halberstadt, seine Geschichte, Architektur, Alterthümer und
Kunstschätze, durch Text (10 S. in F01), einen Stahlstich und 6 radirte
Blätter versinnlicht und herausgegeben von Dr. F. G. H. Lucanus. Hal-
berstadt bei F. Lucanus. Berlin, bei G. Gropius. 1837.
1831,
Halberstadt gehört zu denjenigen Städten Deutschlands, welche das
Gepräge des wohlhäbigen und gernüthvollen mittelalterlichen Lebens noch
am Entsehiedensten festgehalten haben, ohne dass jedoch hier, wie an so
vielen andern Orten, die Vergangenheit dem Beschauer nur in dem Gewande
eines beklagenswerthen Verfalles entgegenträte; vielmehr verbindet sich
hier, in den neueren Theilen der Stadt, die Eleganz der modernen Zeig;
auf glückliche Weise mit den zahlreichen Zeugnissen früherer Sinnesart,
In den alten Bürgerhänsern, die sich theils in bescheidene Enge zurück-
ziehen, theils in stolzer Pracht die Plätze und Strassen beherrschen und
die, als Zeugnisse des Holzreichthums der Gegend, grösseren Theils in
Zimmerwerk aufgeführt sind, zeigt sich durchweg die zierlichste Entfal-
tung dieses Styles, der allem Einzelnen eine lebendige architektonische
Gestalt verleiht und sich zu den anmuthvollsten oder launigsten Zierden
bildnerischer Kunst emporzuschwingen vermögend ist; reichlichsten Stoff
würden unsre Architekturmaler in der Nachahmung dieser so mannigfach
interessanten Gebäude gewinnen können. Bedeutender, und als ernster
Hintergrund zu ihnen, "treten die alten Kirchen hervor, deren Halberstadt
ebenfalls eine namhafte Anzahl besitzt und in denen sich Beispiele für
sämmtliche Architekturstyle des kirchlichen Baues im Mittelalter, zum
Theil in merkwürdig imponirender Anlage. vorfinden. Vor Allem aber
ist der majestätische Dom vorherrschend, zu dessen Seiten sich die gesamm-
ten übrigen Baulichkeiten der Stadt umherlagern, und der auch schon von
ferneren Standpunkten aus den Anblick der Stadt zu einem malerischen
Bilde schliesst und vollendet.