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und
Berichte
Kritiken.
Kurfürsten mit gefalteten Händen betend, und Gott-Vater, der aus Wolken
auf ihn niederschaut; auf den Fingerspitzen des Kurfürsten erhebt sich,
in eigenthümlicher Darstellung, die Seele desselben als 4" hoher Homun-
culus, nackt und ebenfalls anbetend. Auf T. II. sind vier Buchstaben mit
verschiedenen heiligen Darstellungen enthalten; ausserdem ein Beispiel der
Randverzierungen, reich stylisirtes Ornament von Blättern und Blumen,
dazwischen Katze und Hund, die sich kampilertig gegenüberstehen.
Ueber die Ausführung der Glockentonschen Miniaturen bemerkt der
Verfasser Folgendes: „Im Allgemeinen lässt sich über diese kleinen Bilder
sagen, dass, wo seine Vorbilder, Dürer, Cranach u. A., werthvoller waren,
auch seine Nachbildungen sich mehr erheben. Doch bei aller Verschieden-
heit der Originale und der daraus entlehnten Grundideen ist überall eine
durchgehende Glockentonsche Manier und mehr praktische Behandlungs-
weise sichtbar. Die Färbung ist in den meisten frisch und kräftig; die
Auswahl und Nüancirung der Farben verständig. In der Zeichnung und
Haltung der Figuren und Köpfe minder glücklich, wenn auch von der
Natur nicht allzu weit sich entfernend, bewährt er sich dagegen in den
angebrachten Landschaften als Meister. Der zarte Duft über den Fernen,
die leichte Behandlung des Wassers, die Goldlichter der Bäume können
mit Recht gelobt werden. In den Randeinfassungen ist überall gemütli-
licher Fleiss, oft aber etwas unbeholfene überladene Pracht. Dagegen
sieht man mit Vergnügen in einzelnem Beiwerke, besonders den Blumen,
kühnen Schwung und überaus grosse Natürlichkeit." 1)
Das Gebetbuch, welches mit zehn Miniaturbildern von der Hand
desselben Künstlers geschmückt ist, hat auf der ersten Seite die von Kur-
fürst Albert eigenhändig eingetragene Inschrift: Anno Domini JVIDXXXI
completum est praesens opus. Sabbato post Invocauit Albertus Cardinalis
Moguntinus manu propria scripsit. Die Bilder, meist eigene Compositionen
von N. Glockenton, werden grösstentheils als vorzüglich hervorgehoben;
zwei derselben sind in den Abbildungen (T. VI und Vll) beigefügt. Vor-
züglich interessant ist von diesen die letztere, welche ein Begräbniss nach
dem kirchlichen Ritual, mit charaktervoller Behandlung der einzelnen Per-
sonen, darstellt. Besonders interessant ist die zollbreite Randverzierung
dieses Bildes; hier rennen drei Gerippe, von weissen Tüchern umflattert
und lange Pfeile schwingend, hinter drei Reitern her, die mit auffallenden
Angstgeberden durch dunkle Waldespfade zu entrinnen suchen.
Ein andres, ebenfalls mit Miniaturen geschmücktes Geb etbuch trägt
dieselbe Inschrift, wie das ebengenannte. Dies enthält, ausser ein Paar
Blättern von N. Glockenton, mehrere Malereien von Hans Sebald Be-
h am (mit dessen Monogramm versehen), welche zumeist der eigenen Erfin-
dung des Künstlers angehören. Vorzüglichen Werth, in der Gesammt-
Anordnung, wie im Ausdruck, hat zunächst die Darstellung der Beichte
1) Die Familie Glockenton hat ausser dem Nicolaus noch mehrere ausge-
zeichnete Miniaturmaler hervorgebracht; namentlich wird Albrecht, des Nico-
laus Bruder, als ein solcher ebenfallS rühmlich erwähnt. Neudörüer sagt von
ihm, er sei "im Illuminiren fleissig und in Teutschen Versen zu machen schier
ein halber Poet gewesen, mit solchen Versen ziert er die Historien und Gemälde."
Die Königl. Bibliothek zu Berlin besitzt einen Kalender von der Hand dieses
Albrecht Glockenton, der mit kleinen Monatsbildchen und Monatsversen geschmückt
ist; die Malereien sind in artiger Sauberkeit, obwohl ohne sonderlichen Geist,
ausgeführt,