Die Miniaturen und lßianuscripte der Königl- Bayerischen Hofbibliothek
in Aschaffenburg,.beschrieben'und erläutert von Joseph Merkel, Hof-
bibliothekal- und Professor der Philologie am Lyceum in Aschaffenburg.
Nebst vierzehn Blättern mit Umrissen. Aschaffenburg, 1836. Klein POL
1837,
Wir empfangen in diesem Werke einen wichtigen Beitrag zur Geschichte
der deutschen Kunst, welcher das Material für das Studium derselben in
einer schätzenswerthen Weise vermehrt und namentlich zur Ausfüllung
einiger besondren Lücken Gelegenheit giebt. Die beigefügten Abbildungen,
welche von Hrn. J. v. Hefner, Professor an der Gewerbschule zu Aschaf-
fenburg, gezeichnet und gestochen sind und das Gepräge eines lebendigen
Eingehens in den Geist der Originale tragen, dienen dazu, die Brauchbar-
keit des Werkes in der angedeuteten Beziehung wesentlich zu erhöhen.
Die interessantesten Miniaturwerke der Aschaiienburger Bibliothek sind
diejenigen, welche auf Befehl des Kardinals Albert von Brandenburg, Kur-
fürsten von Mainz, in den Jahren 1520-1530 angefertigt wurden. Da
manches in diesen Werken mit den Lebensverhältnissen Alberts in einiger
Beziehung steht, so schickt der Verfasser eine kurzgefasste Biographie
dieses merkwurdigenMannes voraus, welche in scharfen Umrissen ein
lebendiges Bild von seinem Charakter und seinem Streben entwirft. Albert
ist für die Geschichte der Kunst und Wissenschaft jener Zeit ein wichtiger-
Mittelpunkt; man möchte versucht sein, ihn soweit es das Verhältniss
eines einzelnen deutschen Prälaten zu dem italienisch (und zwar florentinisch)
gebildeten Oberherrn der gesammten Kirche gestattet mit seinem grossen
Zeitgenossen Leo X. zu vergleichen. In Halle hatte er, um der Reforma-
tion Grenzen zu setzen, ein reiches Stift mit gelehrten Canonicis gegründet,
die Stiftskirche (Moritzkirche) prächtig ausgestattet und mit Kunstwerken
und Heiligthümern geschmückt. Die Beschreibung, welche der von Albert
begünstigte Dichter Georgius Sabinus hievon und von des Kurfürsten
Erfüllung seiner kirchlichen Funetionen giebt, theilt der Verfasser in einer
deutschen Uebersetzung mit; wir können uns nicht enthalten, hier die-
jenigen Distichen, welche sich zunächst auf Gegenstände der Kunst bezies
hen, folgen zu lassen, indem die Anschaulichkeit der Darstellung ein eigen-
thümliches Interesse gewährt: „In Halle, gegen Westen: WO (119 5111119 (119
Mauern der Stadt bespülf,
Ragt, aus mächtigen Steinen gefügt, ein heiliger Tempel;
Albert, der edele Fürst, baute das herrliche Werk
Dir, Mauritius, ist es geweiht und jener Maria,
Die des erstandenen Herrn Züge vor Andern geschaut!
Werke von Marmor schmücken des Bea's hochragenden Eingang,
Unter dem wandelnden Fuss leuchtet das bunte Gestein,
Ringsum wallet herab von den Wänden der Teppiche Zierde.
Welche des belgischen Volks künstliche Nadel gestickt;
Fäden von strahlendem Gold durchziehen das reiche Gewarnt
Die feinbildende Hand m1 m die Fläche gewirkt.