Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

Eiu Besuch in 
Wittenberg. 
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einer Anschauung im weiteren Kreise zugänglich zu machen?)  Der 
Umriss, welchen des Sehadowschc WVerk nach diesem Relief enthält  
giebt die Composition des Ganzen wieder, relßht aber nicht ganz hin, um 
demjenigen, der das Relief nicht gesehen hat, die hohe Schonheit desselben 
klar vor die Augen treten zu lassen.   
Aussenden; befinden sich, ebenfalls hinter dem Altar und in die Wand 
eingemauert, noch zwei ältere Grabsteine aus der Mitte des vierzehnten 
Jahrhunderts, der eine den Herzog Rudolph I. mit seiner letztenGemahlin 
Agnes, der andre die erste Gemahlin des Herzogs, Kunigunde, in flachem 
Relief darstellend. Das Schadow'sche Werk glßbt V9" lhnen genügende 
Ahhlldnngen nnd hebt den schönen, weichstylisirten Faltenwurf in der 
Gestalt der Agnes auf gebührende NVeise hervor. 
Vor den beiden, oben besprochenen Bronze-Monumenten Friedrichs 
des Weisen und Johanns des Beständigen sieht man noch die Marmorsta- 
tuen derselben beiden Fürsten, lebensgross, knieend, und die Händefarltend, 
in Panzer und Wappenrock. Beide sind trefflich gearbeitet und_1n wür- 
diger männlicher Haltung. Vorzüglich interessant waren sie mit wegen 
der theilweisen und im Ganzen wohlstylisirten Bemalung. Die Gesichter 
in natürlichen Farben, Bart und Haare schwarz, die Mützen golden, 91391180 
alle Schrnucktheile der Rüstung, Ränder, Nägel und dergl. vergoldet; die 
Wappenröcke hellblau mit goldenem Bande (früher ebenfalls ganz golden); 
das Uebrige der weisse Stein. Das Ganze macht sich eigenthümlich und 
nicht übel, selbst die, in gewissen, der Plastik angemessenen Grenzen gehal- 
tene Bemalung der Gesichter; nur das Stumpfe der Augen ist störend, und 
zeigt es, wie nöthig es ist, dass an dieser Stelle ein glänzender Stoff, der 
das Licht tiefer in sich aufnimmt, angewandt werden muss (wie es auch 
bei den Griechen überall der Fall war.) 
Zum Beschluss dieser Uebersicht der plastischen Denkmäler Witteii- 
bergs erwähne ich noch des Monumentes über dem Grabe des jüngeren 
Cranach (st. 1586), in der Stadtkirche befindlich. Es ist ein Hautrelief in 
Marmor, die Grablegung Christi darstellend und weicht bereits entschieden 
von der Weise der deutschen Kunst ab. Es ist im Style der Florentiner 
dieser Zeit (der Nachfolger Michelangelds), gleichwohl noch in einer 
seltenen Tüchtigkeit und Würde ausgeführt. In dem Schadowschen Werke 
findet sich keine Abbildung desselben. z)  
Unter den Gemälden vonLucas Cranach dem älteren erwähne ich 
zuerst seines Bildes vom J. 1516 welches sich auf dem Rathhaus befindet 
und (wie auch die folgenden) in 41cm genannten Schadow'schen Werk durch 
Abbildung und ausführliche Beschreibung näher erläutert ist. Es stellt 
bekanntlich die zehn Gebote  in zwei Reihen von je fünf gesonderten 
Feldern  dar, Wenn es dem Bilde noch verschiedentlich an der leich- 
teren naiven Grazie, die Cranachs spätere Arbeiten auszeichnet, fehlt, so 
ist es doch im Allgemeinen durch eine volle, energische Farbe und präcise 
Behandlung von erfreulicher Wirkung. Die Uebertreter der Gebote sind 
i) Ein andres Exemplar derselben Gedächtnisstafel befindet sich im Dome 
zu Erfurt.  2) Ein andres Grabdenkmal in derselben Kirche ist besonders 
durch die daran enthaltene Angabe des Verfertigers interessant. Es ist das Denk- 
mal des Mauhias von Sehulenbnrg, (gest. 1569). gross, in barocker Renaissance- 
form, und hat an der Basis die Inschriftt Georg Schrröter v. Torgaiu M. F. 1571. 
Die Arbeit ist ganz im Charakter der Zeit, mit sehr sauberu Ornamenten und 
eleganten Reliefs. Die knieende Figur des Ritters ist steif, doch von feiner Ausführung.
	        
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