die Sammlung der germanisch-slawischen Alterthümer zu Berlin.
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die eben daselbst vorhandenen modernen Werke in Glas, edlen Metallen
u, s, w, sammt den Arbeiten asiatischer, australischer und amerikanischer
Völker, die ägyptiSChBD und diegerrnanisch-slavrischen Alterthümer, alle
diese und andre Gegenstände, bei denen zum Theil der Besuch des Publi-
lrnnis noch gei- nicht gestattet werden kann, sind in einem Reichthum und
einer Vollständigkeit vorhanden, deren sich gewiss wenig andre Orte rühmen
dürfen, und die, in Verbindung mit den oben genannten, in der Weise.
wie eins durch das andre ergänzt wird, eins in verwandtschaftliche Bezie-
hungen zu dem andern tritt, einen höchst grossartigen Ueberblick über den
gesammten Kunstbetrieb, so weit die Geschichte uns Denkmale der Art aus
den verschiedensten Culturstufen hinterlassen hat, gewähren. Wir haben
die Absicht, im Folgenden nur einige Notizen über die Sammlung der
germaniseh-slawischen Alterthümer, eine der wichtigsten in ihrer Art
mitzutheilen, deren Aufstellung beendet ist und deren Eröffnung für das
Publikum in Kurzem, sobald der öffentliche Katalog gedruckt sein wird,
bevorsteht.
Die Gegenstände dieser Sammlung füllen einen Saal des Garten-Pavil-
Ions von Monbijou (woselbst sich auch die ägyptischen Alterthümer befin-
den). Sie sind wenig in die Augen fallend; bei flüchtigem Durchgehen
dürfte der Laie wohl den Saal verlassen, ohne eine Ahnung von der Bedeut-
samkeit dessen, was er gesehen, mit nach Hause zu nehmen. Eine Reihe
von Thongefässen, welche nicht, wie jene des classischen Alterthums, durch
bildnerischen Schmuck ausgezeichnet sind, allerlei unscheinbares Geräth,
für das Bedürfniss des Lebens oder für den Schmuck der Kleidung gear-
beitet, was ist denn da, so möchte man fragen, Wichtiges und Grosses
zu erkennen, worin denn liegt ihre Wirkung auf den Sinn und auf das
Gemüth des Beschauers verborgen? Zunächst freilich und im Allgemeinen
weniger in ihrer künstlerischen Form und Vollendung, als vornehmlich in
ihrem Vorhandensein überhaupt; in der Weise wie sie uns als geschicht-
liche Zeugnisse einer untergegangenen Welt entgegentreten; wie sie uns in
stummer und doch deutlich vernehmbarer Sprache von dem Leben der
Völker erzählen, deren die geschriebene Geschichte nur in einzelnen frag-
mentarischen Aeusserungen gedenkt; wie sie sichere Schlüsse in Bezug auf
den Culturzustand, auf die Blüthe und Macht der einheimischen Nationen,
auf ihre ausgebreiteten Verbindungen mit fernen Völkcrschaften gewähren,
die, jemehr wir in unsern Combinationen vorschreiten, jemehr wir uns aus
den einzelnen festen Punkten ein Bild des Ganzen zusammenstellen, in der
That unser höchstes Erstaunen erwecken. Wie die fossilen Ueberreste
antediluvianischer Thierarten den Naturforscher in die Urzeit der Welt, in
die frühesten Tage der Schöpfung zurückführen, so treten uns hier aus dem
Boden, über den wir täglich hinwandeln, die Denkmale manmgfacher Thä-
tigkeit eines jugendlichen Menschengeschlechtes entgegen, die dem Historiker
das Dunkel der Urgeschichte erleuchten helfen und dem Nachfolger jener
verschollenen Geschlechter, der dieselbe" Fluren bewßllllt, welche die
Spuren ihres Lebens und ihres Todes bewahren, Zll gar mannigfachen
Gedanken Anlass geben. Aller Orten, meist nur wenige Fuss unter der
Oberfläche der Erde, stossen wir auf die Grabstätten unsrer Vorfahren,
welche die Lieblingsgegenstände ihres Lebens mit sich genommen hatten
und uns dieselben nun, gleich einem Gruss aus fernen Jahrtausenden her,
darbieten, Und sollte sich unsrer nicht bei solchem Grussc ein seltsam
feierliches Gefühl bemächtigen? Wird es uns nicht, wenn diese vergessene