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Kritiken
Berichte und
Ja, ich möchte noch weiter gehen. Wir finden zuweilen kirchliche Werke,
in denen das Heilige nicht bloss unberücksichtigt gelassen, sondern sogar
das entschieden Unheilige statt dessen untergeschoben isf. Aber auch hier
müssen wir die Eigenthümlichkeit des Künstlers berücksichtigen. Es giebt
Künstler, welche einen entschiedenen Hang zur Darstellung des Gemeinen
und Hässlichen haben, darin sie aber alle Elemente der Leidenschaft, der
Kraft, selbst einer eigenthümlichen, aus einer besonderen Stimmung des
Gemüthes hervorgegangenen Grossartigkcit zu entwickeln und somit auf den
Beschauer einen zwar nicht erbaulichen, aber häufig sehr mächtigen und
ergreifenden Eindruck hervor-zubringen wissen. Solchen Werken gegenüber
wird der vorurtheilslose Beschauer sich nicht durch den unpassenden Titel
zu einem einseitigen Urtheile verleiten lassen. Wenn uns Caravaggio
das feierliche Leichenbegängniss eines Banditen-Hauptmanns unter dem
Namen einer Grablegung Christi (ich meine das Bild in der Gallerie des
Vatikans), wenn uns Rembrand liederliches Bauerngesindel in einer ver-
fallenen räucherigen Hütte unter dem Namen einer heiligen Familie vorführt,
so sind das freilich arge Missgriffe in der Benennung dieser Bilder; gleich-
wohl müssen wir auch hier die Fülle des Lebens, den Geist der Darstel-
lung, die künstlerische Poesie, den eigenthümlichen Ausdruck bewundern.
Und eben dies, für eine wahrhaft ergreifende künstlerische Darstellung noth-
wendige Element des Ausdruckes, des geistigen Lebens ist es, was ich
häufig in den Bildern aus Andrea del Sarto's späterer Zeit, zum Theil auch,
wie bemerkt, in dem besprochenen Werke, vermisse. Jedenfalls aber, und
besonders in Rücksicht auf die oben angeführten Vorzüge dieses Gemäldes,
ist dasselbe als eine der erfreulichsten Bereicherungen der Gemäldegalleric
zu bezeichnen.
Ucbcr
die
der
Sammlung
Alterth ümer
germanisch-s]awischen
ZU
Berlin.
(Museum,
183a,
Während die Gemälde-Gallerie des K. Museums zu Berlin, die daselbst
betiudlichen Sammlungen der antiken und modernen Sculpturen, der Majo-
liken und Glasmalereieil, der antiken Vasen und Gßmmgn bereits durch
ausführliche Kataloge erläutert, einer zweckmässigen Benutzung von Seiten
des Publikums freigestellt und ihrem hohen, zum Theil unvergleichlichen
Werthe gemäss gewürdigt und anerkannt sind, steht Aehnliches bei anderen,
nicht minder werthvollen und belehrenden Sammlungen dieses vielseitig
ausgedehnten Jnstitutes noch zu erwarten. Auch hier wird, was bei jenen
bereits vollendet ist, an der Aufstellung und Anordnung, an Katalogisirung
und historisch-kritischer Forschung unausgesetzt gearbeitet, um auch diese
Theile nicht bloss für eine oberflächliche Besichtigung auszulegen, sondern
dem gestimmten gebildeten Publikum bei einer solchen zugleich den nöthigen
Maassstab des Urtheiles an die Hand zu geben. Die antiken Bronzen,
Gläser und Terracotteu, die Münzen und Medaillen, die Handzeichnungen,
Kupferstiche und Holzschnitte, die merkwürdigen Sehnitzwerke in Hüll-
Elfenhein, Speckstein, welche sich in der Kunstkainmer befinden: SOWiC