Kunstnachrichten
Berlin.
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eine Figur von sehr lieachtenswertliem Kunstverdienste; daneben eine
lnschrift in lateinischen Hexametern, welche die Verhältnisse des Geschenk-
gebers zu der Stadt ausspricht. 6) Ein beinahe lcbensgrosses Haupt der
heiligen Ursula aus vergoldetem Silberblech (das WVeise der Augen silbern,
der Stern von dunkler Emaille), auf einem kupfernen vergoldeten, mit
durchbrochenen gothischen Verzierungen versehenen Fusse stehend, welches
Reliquien der genannten Heiligen enthielt; im Style des vierzehnten Jahr-
hunderts. 7) Ein bischöfliclier Gerichtsscepter, mit Silberblech überzogen;
am Griffe, auf einer runden Platte von vergoldetem Silberblech, die Anbe-
tung des auf den Armen der Maria gehaltenen Christkindes in getriebener
Arbeit. 8) Eine silberne vergoldete Krone, anscheinend ohne sonderlichen
Wertli, merkwürdig jedoch durch den Umstand, dass die Kaiserin Anna,
Gemahlin des Kaisers Rudolph von Habsburg, dieselbe auf ihrem Parade-
bette getragen hat. 9) Zwei kleine bischöfliche Kreuze von vergoldetem
Silber mit gravirten Zeichnungen. Ferner einige alterthümliclic Sclimiick-
sachen, liinkgefasse, Waffen u. (lergl. m.
Andre Gegenstände der Liestaler Versteigerung sind nach andren Orten
gegangen, einiges Wenige ist von Privatpersonen in Basel gekauft worden.
Unter letzteren das berühmte, aus Dukatenblecli getriebene Altarblatt mit
den kleinen Brustbilderii des Kaisers Heinrich ll. und der Kunigunde,
welches aus dem elften Jahrhunderte herrühren soll.
WVir benutzen diese Gelegenheit, um auf das vorzügliche Lager von
alterthüinlichen Gegenständen, welches sich in der Wohnung der Hrn.
Muhr und Arnoldt zu Berlin vorfindet, mit wenigen Worten aufmerksam
zu machen. Ausser der ausgedehnten Sammlung von Waffen, Rüstungen,
Trinkgefassen, Geräthen mannigfachster Art sind hier namentlich einige
Malerwerke von grosser Bedeutung anzuführen. Unter diesen zeichnen sich
vier Tafeln aus der spätern Zeit der alten niederländischen Schule (d. h.
aus der Zeit des Schoreel) durch Würde und Anmuth der auf ihnen ent-
lialtenen heiligen Gestalten, sowie durch die energische Färbung vortheilliaft
aus. Am interessantesten jedoch ist ein Cartoii von Albrecht Dürer,
5 Fuss 8 Zoll hoch und über 4 Fuss breit. ein in seiner Art einziges Werk.
Er stellt den gekreuzigten Heiland dar, vier Engel, welche das -Blut seiner
Wunden in Kelchen auffangen, und Maria und Johannes, zu den Seiten
des Kreuzes stehend. Leider hat das Werk gelitten, in einer Weise,
die freilich nicht selten bei grösseren Handzeichnungen Dürer's zu bedauern
ist. Der Grund muss sehr beschädigt worden sein, so dass die Figuren
von einer späteren Hand aus demselben herausgeschnitten und auf ein
andres grundirtes Papier aufgeklebt sind; doch sind_die Contoure, bis auf
einzelne geringe Ausnahmen, dabei nicht sonderlich gefährdet worden.
Mehr zu beklagen ist, dass auch einzelne Theile der Zeichnung selbst
beträchtlich gelitten haben, so dass eine hrneiicrllng derselbe" in späterer
Zeit nöthig geworden war, wie dies z. B. bei der ganzen unteren Hälfte
der Maria der Fall ist. Gleichwohl wollen alle diese einzelnen, durch die
Zeit herbeigeführten Mängel in Betracht dessen, was wirklich und rein
erbauen ist, nicht so gar sonderlich viel bedeuten. _Hier erkennt man
überall, deutlich und unverfälscht, die eigne freie Hand des Meisters, die
Eigenthümlichkeit seiner Linienführung, besonders in den Schraffirungen,
die besondere Weise seiner Formenbildung, sowie den Adel und die Gross-
artigkeit in der Conception des Ganzen. Die Gestalt des Johannes gehört,
vornehmlich was die grossartig geordnete Gewandnng betrifft, zu den vm._