Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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Berichte und 
Kritiken. 
Kunst in Italien war zu jener Zeit (und es scheint kein Grund vorhanden. 
das Alter dieser Sculpturen zu bezweifeln), wie sich namentlich aus den 
nitalienischen Forschungen" des Hrn. v. Rumohr und aus E. Försteüs „Bei- 
trägen zur neueren Kunstgeschichte" zur vollsten Evidenz ergiebt, keines- 
weges noch zu dem Grade ausgebildet, dass sie einen solchen Einfluss 
hätte ausüben oder so vorzügliche Werke hätte hervorbringen können; im 
Gegentheil jedoch finden sich Sculpturen in Deutschland selbst (z. B. in 
der Frauenkirche zu Halberstadt,  an den Seitenwänden, welche den 
Westchor des Bamberger Domes von den Kreuztlügeln trennen), die aller- 
dings den Beginn einer früheren Entwickelung der Kunst gerade in Deutsch- 
land darthun, und mit denen die lSculpturen dieser Kanzel, nach den mit- 
getheilten Abbildungen zu urtheilen, in einem näheren Verhältniss zu 
stehen scheinen. Zwar dürfte, was die vorliegenden Abbildungen betrifft, 
eine gewisse feinere, mehr naturgemässe Führung der Linien, welche Z- B. 
unter dem Gewande die Muskeln des Körpers in einer Weise andeutet, 
wie es selbst noch in den Werken des Nicola Pisano vermisst wird, und 
vornehmlich der moderne Ausdruck der Köpfe auf Rechnung des Zeichners 
zu schreiben sein; doch wird ein, für die Kunst des byzantinischen Styles 
geübtes Auge sich über diese Freiheiten hinwegsetzen können und immer 
noch genug des Bewuuderungswürdigen vor sich sehen. Ausser den auf 
der Gesammtansicht der Kanzel enthaltenen Sculpturen enthält das erste 
Heft, in grösserem Maassstabe ausgeführt, die Gestalten des Abel und Cain, 
und den Erlöser, von den vier Symbolen der Evangelisten umgeben; die 
andren Sculpturen wird das folgende Heft mittheilen. 
Der Altarschmuck, ebenfalls von Stein erbaut, besteht aus, mehreren, 
sich übereinander erhebenden Bögen, fast nach Art einer Triumphpfortc, 
wiederum reich mit Seulpturen versehen. Zu oberst erheben sich die über- 
lebensgrossen Gestalten des gekreuzigten Heilandes, der Maria und des 
Johannes, aus Holz geschnitzt. Die Details dieses nicht minder merkwür- 
digen Gegenstandes sollen ebenfalls im zweiten Hefte vorgeführt werden. 
Andrea del Sarto. Von Alfred Reumont. Mit einem Grundriss des 
Vorhofs der Servitenkirche in Florenz. Leipzig, F. A. Brockhaus. 1835. 
(231 und XXVIII S. in gr. 12.) 
(Museum, 
183a, 
Andrea del Sarto wird unter den italienischen Künstlern, welche die 
ersten Jahrzehnte des sechzehnten Jahrhunderts verherrlichten, mit Ruhm 
genannt; doch gehört er nicht zu den Meistern des ersten Ranges. Er 
hatte ein schönes, wohl ausgebildetes Talent, welches eine bedeutende 
Anzahl anmuthsvoller Schöpfungen her-verbrachte; aber es fehlte ihm an 
derjenigen Kraft des Charakters, die von dem Künstler auf sein Werk 
übergehen muss, wenn letzteres einen bedeutsamen und wahrhaft nachhal- 
tigen Eindruck auf das Gemüth des Beschauers hervorbringen soll. Er hat 
wenigstens nur in seltenen Fällen Werke geschaffen, welche sich der höch- 
sten Potenz menschlicher lllfürdc und Hoheit annähern.
	        
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