Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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und Kritiken. 
Berichte 
lüiniluss des italienischen Systemes zurück; jene Dome hingegen, welche 
die Construktion des Mainzer Domes wiederholen, lassen uns eine Bauweise 
erkennen, deren eigenthümliehe Entwickelung und Durchbildung, sßwgit 
bis jetzt eine genügende Uebersicht möglich ist, vornehmlich Deutschland 
angehört.  
Immerhin aber ist dem ernsten Streben des Veri, das auch in der 
Durchführung der letzgenanntcn Ansieht viel Bomerkenswerthes zu Tage 
gefördert hat, die lebhafteste Anerkennung nicht zu versagen. Es ist zu 
hoffen, dass derselbe auch noch ferner mit ähnlichen gehaltvollen Beiträgen 
hervortreten und seine Verdienste um die Geschichte der Vaterländischen 
Kunst auch noch auf andre Monumente, daran gerade die Umgegend von 
Mainz so vorzüglich reich ist, ausdehnen werde. 
Titians Tochter. Seiner Majeslät dem Könige von Preussen Friedrich 
Wilhelm III, ehrfurchtsvoll zugeeiguet von J. Caspar. Nach dem Original- 
Gemälde Titians im Königlichen Museum zu Berlin. Gezeichnet von Ed. 
Eichens. Gestochen von Joseph Caspar 1835. 
(Museum, 
183a, No. 
In einer Zeit, wo der Steindruck sich in immer weiterem Maasse ver- 
breitet, fordert ein so bedeutendes Werk im Fache des Kupfcrstiches, wie 
das vorliegende, welches zugleich aus freier, eigner Anregung des Kupfer- 
stechers hervorgegangen ist, zur vollkommensten Werthsehätzung auf. Es 
ist ein Blatt von grösseren Dimensionen, der Stich zu 121], Zoll Höhe und 
 Zoll Breite, und stellt eins der vorzüglichsten Meisterwerke des hie- 
sigen Museums dar. Ein blühendes Weib, in edelsten kräftigsten Formen, 
in einer lebendigen, aber grossartig gemessenen Stellung, prächtiges Gewand 
und reicher Schmuck, eine schimmernde Schüssel mit Blumen und Früchten, 
die sie auf den Händen trägt,  dies sind Motive, aus denen unter Tizian's 
Meisterhand ein höchst entsprechendes Ganze hervorgehen und für die 
Nachbildung den dankbarstcn Stoff liefern musste. Wenn wir freüich den 
wundersamen Schmelz der Farben und die zarte, ich möchte sagen: pulsi- 
rende Beweglichkeit des Pinsels berücksichtigen, die im Gesichte und in 
der Hand des Originalbildes den eigenthümlichsten Reiz hervorbringen, so 
dünkt uns ein solches Werk in der That die allerschwierigste Wahl für 
den Kupferstecher. Um so grösser jedoch ist somit sein Verdienst. da aller- 
dings das vorliegende Blatt sich den vorzüglichsten Leistungen, welche die 
neuere Zeit hervorgebracht hat, auf ehrenvolle Weise anreiht. Die Haltung 
des Ganzen ist vortrefflich und dasselbe in einer Energie und lebendigen 
Wirkamsamkeit durchgeführt, welche sich der Farbenpracht des Originales 
auf glücklichste Weise annähert. So findet sich auch im Einzelnen ein 
zartes Eingehen auf die Nüaneen und feineren Bildungen der Form, und 
bei sorglichster Modellirung, die bei einem Stiche nach Tizian-ihre bedeu- 
tenden Schwierigkeiten. hat, sind zugleich Wärme und Licht der Farbe in 
angemessener Weise beobachtet. Die Taillen sind frei und in grossartigen 
Linien angelegt, die Uebergänge kunstgemäss vermittelt.
	        
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