III.
Notizen über
Gentile
den Maler
Fabriaxl
da
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Mann. Als dieser die Arbeiten Gentileis und namentlich die des Laterans
gesehen hatte, verlangte ihn nach der Bekanntschaft des Meisters und er
nannte ihn ohne Rückhalt den ersten der italienischen lilaler.
Noch Wal-an die Arbeiten im Lateran nicht gänzlich beendet, als unser
Meister, schon achtzig Jahre alt, hlllfanlig und ermüdet VPÜ S0 1113111155"
facher Arbeit und Anstrengung, ein unvertilgbares GGÖÄCIIIIJISS seines Gei-
stes auf der Erde hinterlassend, in Rom seine irdische Laufbahn schloss.
Dies darf ich mit Gewissheit behaupten, Obwohl Ich Wßläsi das? einige
annehmen, Gentile sei in seiner Vaterstadt gestorben, wohin er sich, an
der Gicht leidend, zurückbegeben habe 1), und dass V_0l1 andren Yenedig
als der Ort seiner Ruhe bezeichnet wird 2). Aber Faeius, der sein Zeit-
genoss war, überwiegt für mich eine jede andre Autorität, und ich finde
auch, dass sein Zeugniss von den glaubwürdigsten Chronisten Pieenurrüs
vorgezogen worden ist. Faeius, indem er über seine letzten Arbeiten im
Lateran berichtet, sagt ausdrücklich: Quaecäzimetzavg (zln eg opere adftrri-
brata at ue im. erfecta morte praeventus rezquzt. n e enso Wll'(_ll1
einem tilgen Maäuscripte, welches ich eingesehen, hinzugefügt, dass Senf"
sterblichen Ueberreste in der Kirche der Olivetaner-Mönche, S. Maria
Nuova, begraben seien; und es wird versichert, dass man, ehe (11688 Klfßhß
umgebaut wurde, auf einem weissen Steine die Inschrilt las: MAGISTER.
GENTILIS. PICTOR. DE. FABRIANO. CELEBER. etc. 3).
Es scheint mir sehr glaublich, dass ein Mann von so bedeutenden Ver-
diensten in der Kunst der Malerei, auch eine ausgedehnte Kenntniss von
den theoretischen Vorschriften derselben besessen und dass er solche, sei
es für eignen Gebrauch oder für den seiner Schüler, in der Gestalt besondrer
Abhandlungen habe aufschreiben lassen; und demnach stimme ich sehr
gern der Meinung einiger picenischen Geschielitschreiber bei, welche ange-
ben, dass Gentile drei Abhandlungen über die Malerei hinterlassen habe:
die erste „über den Ursprung und die Fortschritte der Kunstg" die zweite
"über die Farbenmischungf die dritte „über die Zeichnung" 4). Doch sind
diese Schriften niemals aus Licht getreten und man hat sie für verloren zu
achten. Mag man indess auch dem Gentile die Abfassung solcher Schriften
absprechen: niemand wird je in Abrede stellen können, dass er stets
nach jenen tiefen Principien der Kunst gearbeitet habe, die (wie der Graf
von Moutevecchio trellend bemerkt) naehmals, bei weiterer Entwickelung
der Zeit und grösserer Meister, von dem unsterblichen Leonardo da Vinci
mit so tiefer Weisheit abgefasst und in die Kunst eingeführt wurden.
Unter den Schülern des fabriauesischen Meisters, welche den von ihm
begründeten neuen Styl der Kunst weiter ausbreiteten und vervollkommne-
tnn, war der erste, derjenige, welcher dem Namen des Gentile die
1) Dieser Meinung sind Vasari und Baldinußßi. Vasari fügt noch
hinzn, dass ihm die folgende [höchst triviale] Grabschrift gesetzt sei:
Hie pulchra novit varios miscerc cvlores
Pinxit et in variis urbibizs Italiae.
2) So der Graf von Montevecchio in dem oben (S. 391] angeführten Briefe,
P. 6. lch weiss nicht, auf welche ZeIIBTJiSSB diese Meinung sich stützt.
1') Auch in Fabriano gilt es als eine sichere Tradition, dass Gentile zu Rom in
der Kirche S, Maria Nuova begrabensei. 4) Intorno all" origine ed ai pro-
gresgi 4.111" arte; della wzyione di mescere i colori; del modo di tirare l: linm
VergL [a Biblioteca Pipena, den oben angeführten Brief des Grafen von Monte-
vecehio, n. a. m.
Kugler, Kleine Srhriflrn l. 26