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Italienische
Studien.
Italiens gearbeitet hatte und nachdem er so mannigfache Ehrenbczeugungeu,
wie ihm namentlich von dem Senate Venedigs widerfahren waren, empfan-
gen hatte, so konnte es nicht fehlen, dass sein Ruf auch bis an den Hof
des Papstes Martin V. erscholl, der gerade in dieser Zeit bemüht war, aus
dem Verfall und der Verderbniss, darin Rom durch Kirchenspalttingeu und
Kriege gestürzt war, die Gebäude und Monumente der Stadt wiederum
emporzuführcn. Er hatte so eben den Porticus von Sanct Peter, der seinem
Ruin nahe war, neu bauen lassen und wandte jetzt seine Sorge auf die
Restauration und Verschönerung der Kirche S. G i o v a n ni L a t e r a n o.
Das Gewölbe dieser Kirche drohte den Einsturz; unmittelbar nach der
Wiederherstellung desselben beschloss er es durch vorzügliche Künstler
ausmalen zu lassen. Und eine tretfliche Auswahl traf der Papst, als er
zur Ausführung dieser Arbeit den Gentile da Fabriano und den Vit-
tore Pisanello einlud, die beide durch die Werke, welche sie im Saale
des grossen Rathes zu Venedig hinterlassen hatten, das Trefflichste erwarten
liessen 1). Beide Künstler gehorchten der Aufforderung Martin's V. und
kamen nach Rom; doch mussten sie dort, ehe sie die Arbeit im Lateran
beginnen konnten, noch einige Zeit auf andere Weise hinbringen, indem
man mit dem prächtigen Mosaik-Schmuck, welcher den Boden jener Basi-
lika ausfüllen sollte, noch nicht ganz fertig geworden war. Ich bin geneigt
anzunehmen, dass Gentile diese Zwischenzeit dazu benutzte, ein Frescobild
in S. Maria Nuova, an dem Bogen über dem Grabmale des Kardinals
Adimari, Erzbischofes von Pisa, seitwärts neben dem Monumente des Pap-
stes Gregorius IX. auszuführen, welches ihm von den Erben des -Kardinals
aufgetragen war und die heilige Jungfrau mit dem Kinde zwischen den
Heiligen Joseph und Benedict darstellte. Dass dieses Werk an Schönheit
den übrigen unsres Künstlers nicht nachstand, davon giebt uns Vasari ein
sehr bedeutsames Zeugniss, indem er erzählt, dass der grosse Michelangelo
Buonarotti dasselbe oftmals betrachtet und dabei gesagt habe: In Gentile's
Bildern sei die Hand dem Namen des Meisters gleich.
Kaum war das genannte Mosaik beendet und der lateranensische Tem-
pel von dem Lärm der Werkleute frei, so begannen die beiden Meister
der Malerei in einem zweiten Wettkampf einander den Kranz des Ruhmes
streitig zu machen. Der Papst liess freigebig, um die Malerei prächtiger
und reizvoller zu machen, den kostbarsten Ultramarin zur Ausführung des
Grundes für die darzustellenden Geschichten liefern. Gentile malte die
Begebenheiten aus dem Leben Johannis des Täufers; Vittore einige Geschich-
ten des alten Testaments, in denen er Gelegenheit hatte, seine besondere
Geschicklichkeit in der Darstellung von Thieren und Vögeln zu entwickeln.
Aber als Werke von ausserordentlicher Schönheit rühmte man insgeheim
die fünf Propheten, welche Gentile zwischen den Fenstern ausführte; sie
waren grau in grau gemalt und mit solcher Meisterschaft modellirt, dass
jeder, der sie nicht mit der Hand berühren konnte, sie für Marmorarbeiten
halten musste. Ausserdem malte er an einer Wand derselben Kirche Mar-
tin V. mit zehn Kardinälen, welche Bildnisse so naturgetreu erschienen,
dass jeder auf den ersten Blick die einzelnen Personen erkennen musste.
Mit solchen Werken schmückte Gentile die ewige Stadt, um die Zeit,
als Rogerius Gallicus (Rogier van Brügge) sich zur Feier des Jubeljahres
1450 dahin begab, ein in den bildenden Künsten sehr wohlerfahrener
i) Platina
Vite de"
nPontqfici.
Martina
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