Ill.
Notizen
über
den
Maler
Fabrial
Gentile da
391
nicht überliefert ist, dass er noch in einem andern Gemälde sein Bildniss
anzubringen geneigt gewesen sei. Ueberdiess hat der Künstler dieser 'l"afel
seinen Namen und das Jahr und den Monat der Yerfertigung beigefügt 1).
1m Jahr 1494 finde ich ferner, dass dem Gentile die Anfertigung eines
Gemäldes für die Kirche S. Nicolo jillßflragfil] wurde, in Wßldlßm er die
heilige Jungfrau in der Mitte von vier Heiligen darstellte, und sie mit
einer solchen Schönheit schmückte, dass man sagte, die Natur habe den
lebenden Frauen nie ein ähnliches Geschenk verliehen. Auf der Predella
derselben Tafel stellte er verschiedene Geschichten des heiligen Nicolaus
dar. Vasari berichtet uns, dass, soviel er Kunde von diesem Künstler
erhalten habe, kein Gemälde dem genannten dm rth vofanfäehßz Wfälßhüß
Gentile im Auftrag der Familie der Qnartesi für Jene Kirche (die in der
Nähe des Thores von S. Miniato liegt] gemalt hatte. Derselben Meinung
tritt auch Francesco Bocco 2) bei, ÜCT mit S0 ETYOSSFT Genaulgkeit Alles,
was Florenz von schönsten Werken in jedem Zweige der Kunst besitzt,
aufzählt; auch er bezeichnet diese Arbeit als eine derjenigen, welche_v0ii
der Trefflichkeit und fortschreitenden Vervollkommnung der älteren Meister
Zeugniss geben.
Aus solchen Anfangen entstanden nachmals jene Meister, die in den
beiden folgenden Jahrhunderten vermögend waren, den Gestalten eine
leichtere und freiere Bewegung, im Gegensatz gegen den strengen, statuari-
sehen Styl, der den früheren Perioden der Kunst eigen War, zu geben,
ebenso wie sie an die Stelle jener zaghaften Pinselfüliriing, die von der
Weise der Miniaturmalerei nicht unterschieden war, eine freiere Behand-
lung der Farben einführten, die, in Verbindung mit der vollendeten Zeich-
nung, der Melerei erst jene Harmonie, Schönheit und Lebendigkeit gegeben
hat, die den Besehauer anziehen. Dem Gentile aber gebührt der Ruhm,
einer der ersten Wiederhersteller der Kunst zu sein. Oder noch richtiger
ist Gentile (wie bereits der Graf Pompeo di Monteveechios) wohl bemerkt)
geradezu als der erste zu betrachten, der den Gemälden jene Trockenheit,
welche den Nachfolgern Gi0tt0's eigen war, zu entnehmen wusste; und
indem er so die Kunst aus dem Zustande der Kindheit emporführte, indem
er der Zeichnung einen grossartigeren Charakter gab, indem er die Ana-
tomie und die Kunst der Modellirnng ebenfalls nicht vernachlässigte, öffnete
i) [Die Unterschrift lautet: Opus Gentilis de Fabriano. MOCCOXXHI.
Mensis Maii. Das Werk ist gross und frei, durchaus 56m5", edel und ßnmuthig
gehalten. Es ist eine reiche Compositioii und ein grosser Reichthnm goldner
Verzierungen dabei angewandt. Zwar beuierlrt_man im Einzelnen noch Erin-
nerungen an den Styl der Giottisten (in den Pinien der Faltenvfm SfliI-iitte der
Augen), dabei aber entwickelt sich bereits eine annruthigstfreie Individualität,
Oben über den Bögen, welche das Bild eiiirahmen,_slnü kleinere Darstellungen;
Gott-Vater, die Verkündigung, Moses, David und vier Propheten, letztere gmss
Und herrlich, ich möchte sagen: im Geiste llIichel-Anäelß"? gemalt. Die Predella
des Bildes bestand aus drei Abtheiluiigß", VOP Q9118" Jedoch die dritte nicht
mehr vorhanden ist; die beiden ersten stellen die ixeburt Christi und die Flucht
nach Aßgyptßll "dar; sie sind von eben so fierlicher wie freier Ausführung.
A. d, Ugbg] 2) Le bellezze delta Oitta_ dt Ftrenze. Iliorenza 1591. Vergl.
auvh Baldinucci: Notizie dei professort dcl Adtsegno etc., Torino 1'768 etc,
Tnm. I. p. 565. no. 2. Das in Rede stehende Bild hatte die Unterschrift: Opus
Gentilis de Fabrianu 1425 mens. Mag". Lßttwa Pittomfa 3017m 1m interes-
sante quadro di Giorgto Barbarelli da Castclfraiwo, dvve Shiitroduce discorso sie!
vario stile dii sommi coloritori della srruola Italtana. Spulen 1896.