22
Bilderhahdschrifteu
des Mittelalters.
„Wir haben, durch Mitgefühl bewogen, deiner Brüderlichkeit zu
schreiben beschlossen und wir sind dazu auch durch deine Erfolge in den
Wissenschaften bewogen worden, während uns dein Abfall von uns in jeder
Beziehung bestürzt gemacht hat. NVeil wir aber, deine Rückkehr erwar-
tend,.vernommen haben, dass dies auf keine Weise durch dich geschehen
könne, so ist es unsre Absicht, dich, weil du unser Bruder bist, zurückzu-
rufen. Wie jedoch dies Geschäft zu behandeln ist, lass uns aufs Schleu-
nigste durch den Ueberbringer dieses schriftlich wissen, denn unser Herr,
der Abt, ist Willens, es nach Gebühr zu fordern, keinen aber dcinethalb
demüthig zu bitten" 1).
Es mag sodann ein nachdrückliches Schreiben des Abtes von Tegern-
see an das Kloster, welches den Werinher zurückhielt, erfolgt sein und die
Sache zu dem erwünschten Ziele geführt haben. Ein Schreiben der Mönche
von St. Peter zu Salzburg ist allem Anschein nach dasjenige Actenstück,
welches den Schluss dieser Verhandlungen, so weit sie vorhanden, ausmacht.
NVir fügen auch dies hinzu:
„Den1 ehrwürdigen und mit aller Ehre zu umfassenden Ilerrn, dem
Abte Konrad, und seinen Söhnen in Chrislo, welche unter den Feldzeichen
des heiligen Quirinus kämpfen, entbietet die arme Heerde des heiligen
Petrus die Aufrichtigkeit des Gebetes und die Wahrheit des Gehorsams.
„Dieweil ihr ein Name dessen, was das Rechte ist, und, zum Zeugniss
der Frömmigkeit aller Orten, Christi ein guter Geruch seid, freuen wir
uns, und dass euch nichts WVidriges von den Winden des Nordens anhauche,
dagegen kämpfen wir mit allen Kräften. Denn in den Zweigen der Liebe,
in denen ihr gegründet steht, sind auch wir beschlossen, und weil wir in
dem Unsrigen das Geringere haben würden, sorgen wir mehr um das Eure,
als um das Unsrige. Wir senden euch diesen euren Bruder, der aber auch
der unsrige ist, den W., in der Abwesenheit des I-Ierrn Erzbischofes und
unseres ehrwürdigen Abtes, von denen wir ihn zur Bewahrung empfangen
haben, sorgenvoll und fast neidvoll zur Stunde zurück, und wir würden
ihn nicht zurücksenden, nur dass wir glauben, dass er ohne Säumen zur
Herrschaft eurer Väterlichkeit wiederkehren müsse. Er aber, dcmüthig und
sehr ehrenvoll bei uns wohnend, hat uns durch seinen Umgang und sein
Wissen und seine Werke?) dargethan, welches die Zucht seiner eigenen
Brüderlichkeit sei, und hat auch die erfreulichste Freundschaft zu seinem
Kloster unsern Herzen eingeprägt" 3).
Näher ist, wie schon bemerkt, die Ursache der Misshelligkeit, um die
es sich in diesen Briefen handelt, nicht angegeben. Doch erkennen wir
daraus wie schon im Allgemeinen ihr Klang uns in die Eigenthümlich-
keiten des klösterlichen Lebens jener 'l'age zurückführt in Werinher
einen jungen reichbegabten Mann, dessen Besitz diesem oder jenem Kloster
nicht gleichgültig war, der aber auch, im jugendlichen Drange, ein wenig
zu sehr seine eignen Wege gegangen sein mochte und dem es nicht erspart
blieb, sich durch strenge Erfahrungen für das Leben zu stählen. Jugend
und dichterische Wärme mögen ihm auch, wie diese bedenklichen Verhält-
nisse, so jene Ungelegenheit bereitet haben, durch welche sein oben be-
zeichnete-S Sßhrßibell an den" Abt Konrad veranlasst war. Ist uns doch
1] Pez_, VI., II., p 56,11. 94.
nach der Schreibweise der Zeit,
I, p. 374. n. 132.
hier,
VL,
2) ,_.Operibus dsclaravit." Unter Opem sind
künstlerische Werke zu verstehen. 3) Pez..