Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

älteren 
Malern 
Neapefs. 
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dem Fürsten stehen mehrere Kapelläne u. a.; hinter diesen einige Posauni- 
sten, die mit allei-ergötzlichster Gewalt in die Posaunen stossen. Das fürst- 
liche Paar befindet sich unter einem Baldachin, dessen Stangen nach vorn 
vonlwei Rittern gehalten werden, und über dem auf jeder Seite ein Engel 
schwebt. Im Vorgrundc, links, Sielüfnan elrfe" Geiger, der das Haupt 
gar sinnig auf die Geige senkt, und einen lustigen Hautboiston. Daneben 
Immi- und Frauen, die mit zierlichen Bewegungen, indem sie sich sehr zart 
an den Fingern halten, einen Rcigentanz aufführen.   
7. Die letzte Oelung. Ein Haus, nach vorn geötlnet. Der Ster- 
bende Regt auf dem Lager, halbnackt,  ungefähr wie ein ausgedörrter 
Christugleighnam in den Gemälden jener Zeit anzuschauen. Seine Frau 
hebt ihn empor. Ein Priester giebt ihm die Oelung; neben diesem der 
Sakristan mit einer Kerze. Weiber und Kinder sind um das Lager ver- 
sammelt; auf sehr bestimmte Weise spricht sich in ihren Stellungen und 
Mienen der innere Schmerz aus, wie er durch die Feier des Momentes 
gemässigt wird. Oben links erscheinen drei Engel im siegreichen Kampfe 
init drei T enfcln. 
8. Das letzte Bild führt insgemein den Namen der Ent-rata della Eeina 
Giovamza (des Einzugs der Königin Johanna), und ich erinnere mich, es 
selbst in Werken deutscher Kunstreisenden so bezeichnet gefunden zu haben. 
Ich wciss jedoch nicht, wie man das Bild unter solchem Titel befriedigend 
erklären möchte. Ich glaube, obgleich es leider beträchtlich verdorben ist, 
darin eine allegorische Vorstellung und Personitication der Kirche zu 
erkennen. Man sieht nämlich ein kirchliches Gebäude, in dessen Mitte, 
unter einem Baldachine, Christus steht, ein wohlerhaltener, sehr schöner 
Kopf. voll jener alterthünilichen typischen Würde. Gerade vor ihm, nur 
(etwas tiefer, steht eine, wie es scheint, weibliche Gestalt, mit. der päpst- 
lichen Miti-a bekleidet, einen Kelch in der euiporgehobeiien linken Hand, 
die von Christus unterstützt wird. Gerade so findet man unzähligeinal in 
den llliiiiaturcn der Gebeibüchei- das neue Testament (im Gegensatz gegen 
das alte) oder die christliche Kirche (im Gegensatz gegen das Jndeii- und 
Heidcnthum) abgebildet. Links stehen Heilige, die fast ganz erloschen 
sind; rechts ebenfalls Heilige, wie es scheint: Petrus und Paulus, mit schö- 
nen Köpfen. Neben diesen gekrönte Fürsten ohne den Heiligenschein, schöne 
männliche Portraitköpfe; sie tragen Lilien-geschmückte Gewänder und Fah- 
nen in den Händen. Hinter ihnen Geistliche und Andere. Die rechte Ecke 
des Bildes ist wiederum verdorben. 
So sehen wir in diesen acht Bildern einen in sich geschlossenen gross- 
ilrtigen (jyklus, der das Leben des Menschen imallen grossen Momenten 
von Freude und von Schmerz, und zwar überall in seinem Bezuge auf ein 
höheres giiadenreiches Wesen darstellt; Geburt und lebe und Tod, von 
göttlicher Weihe begleitet, und göttliche Hülfß gßsnn dlß Anfßnhtnnsen des 
Bösen. So steht auch das letzte Bild im vollständigen Zusaminenhange mit 
den übrigen, indem es die Kirche darstellt, V0? deren liestimmungen die 
Feier jener Sakramente herrührt und deren Verbindung mit dem Leben vor 
Allem in den Sakramenten beruht. Ich wüsste nicht leicht eine edlei-e 
Aufgabe für die KllllSt zu crsinnen.  falls man nicht mit besonderer Vor- 
liebe für das ln-anscendentale, Ucbermcnschliclie, zu Werke schreitet; und 
ich wüsste auch nicht, wie eine solche, in Betracht "GUT 90m1 so gfirmgml 
Kunstmitiel jener Zeit, glücklicher gelöst worden sei". Ueberall sind die 
Uemposüjonen "aufs Einfachste und Vci-stiinrllichste angeordnet; überall zeigt
	        
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