Mailänder Schule.
die
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andere Studien sind sehr leicht und flüchtig skizzirt und offenbar nur ent-
worfen, um sich der allgemeinen Anordnung der auszuführenden Portraits
im Voraus zu vergewissern.
Dann ist von Leonardo noch eine kleine Skizze eines lächelnden
Kopfes vorhanden, in Gouache gemalt und vortrefflich durchgearbeitet,
und die sehr sauber ausgeführte Zeichnung eines weiblichen gehackten
Ko fes von schönem ernstem Ausdrucke.
pDass Compositionen Leonardos öfters von seinen Schülern ausgeführt
wurden, ist bekannt. So befindet sich in der Brera ein Exemplar jener
bekannten Composition: Maria, im Schoosse der Anna sitzend, und auf
ihrem Schoosse das Christkind, welches sich spielend zu einem Lamme
niederneigt. Ungleich bedeutender jegoeh, als die AllSfülllälllgÄlltägeS Bil-
des, ist die einer andern ähnlichen omposition, die in er m rosiana
vorhanden ist und von der Hand des Bernardino Luini herrührt. Es
ist eine heilige Familie: Maria, ebenfalls auf dem Schoosse der Anna, und
in ihren Armen das Christkind, welches sich wiederum in einer ähnlichen
Bewegung zu dem kleinen Johannes niederneigt; zur Seite Joseph. Es ist
ein wunderbarer Liebreiz in den leichten und gefälligen Linien, in welchen
diese bedeutende Gruppe sich bewegt; die Haltung des Kindes vornehm-
lich, das Lächeln der Jungfrau, u. a. m. sind von der schönsten Wirkung.
Die eigenthümlich bewegte Stellung, welche die Jungfrau in diesem Bilde
hat, Sie Sitzt seitwärts, wendet dann den Oberleib und das etwas geneigte
Haupt nach der anderen Seite und streckt die Arme aus, um das Kind zu
halten, Scheint den Schülern Leonardo's öfters zum Vorbilde gedient zu
haben. In zwei Bildern des Berliner Museums: in einer heiligen Familie
V01! Marco d'Oggione und in der schönen Pomona, welche dem Fran-
ceseo M elzi zugeschrieben wird, kehrt dieselbe in genauer Wiederholung
wieder. Das eben besprochene Mailänder Bild galt übrigens in Paris,
wohin es durch Napoleon entführt war, für eine Arbeit des Leonardo selbst.
Bernardino Luini ist es, von dem man unter Leonardos Schülern
die bedeutendsten Werke ausgeführt sieht, und den man in Mailand vor
allen Künstlern liebgewinnen und verehren lernt. Er ist nicht so gross,
nicht so frei und kühn wie Leonardo, oder er schwingt sich wenigstens
selten zu erhabenen und impouirenden Gestalten auf; dafür aber hat er
einen unerschöpflichen Fond von Zartheit und Zucht, von Heiterkeit und
lnnigkeit, von Anmuth und Gemüth, welche dem Beschauer die edelste
Befriedi un und Beruhi un ewähren. Bernartlino ehört, wenn wir
die wenägeä ersten Lirhtir äeä Kunst ausnehmen, -gzu den trefflichsten
Meistern des sechzehnten Jahrhunderts; und vielleicht nur, weil Vasari
wenig von ihm Weiss, vielleicht auch, weil er _mehr in Fresko als in Oel
gemalt hat, ist ihm seither nicht ein so allgemeiner Ruhm zu Theil gewor-
den, als er es vor vielen verdient. Die Alnbrosiana besitzt von ihm
eine Reihe kleinerer Oelbilder. Zunächst eine bedeutende Anzahl treil-
licher Studienköpfe, die im Einzelngll (vornehmlliilch ein jlolhaunes T.)
sehr an Andrea del Sarto erinnern. ann einen einen o annes, rust-
bild, der ein Lamm liebkosend indseinenl Argneä ein wunderreizend
n kindliches Bild, as so önse e i , welches ich von
Bbihisrdilnnodgesehen habe; auch dies übrigens ist, wie die erwähnte heilige
Familie, mehrfach unter dem Namen Leonardos bekannt. Ferner eine andre
heilige Familie, Maria mit dem Kinde und Johannes, schön, mild und
einfach gemau; ähnlich ein junger Christus, der die Hand segnend erhebt